Leitsatz

  1. Werden in einer Klage mehrere Abmahnungen angegriffen, bestimmt sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach der nunmehr von der Beschwerdekammer vertretenen Auffassung in Anlehnung an den modifizierten Streitwertkatalog 2014 auf den Betrag von max. einem Vierteljahreseinkommen (siehe I. Nr. 2.2. Streitwertkatalog v. 9.7.2014).
  2. Für jede Kündigung ist der Streitwert nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG getrennt zu ermitteln; eine Wertaddition erfolgt aber nur insoweit als die weitere/n Kündigung/en ein Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes bewirke/n (wie I. Nr. 20.3. des überarbeiteten Streitwertkatalogs v. 9.7.2014).
  3. Die Bewertung des Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses im Vergleich erfolgt nach std. Rspr. der Beschwerdekammer (vgl. Beschl. v. 17.1.2014 – 4 Ta 253/13) in Ablehnung des überarbeiteten Streitwertkatalogs v. 9.7.2014 (I. Nr. 22.1, I. Nr. 22.1) mit 1/4 des monatlichen Entgelts.

Sächsisches LAG, Beschl. v. 23.2.2015 – 4 Ta 182/14 (9)

1 Sachverhalt

Der Kläger war seit dem 29.7.2013 bei der Beklagten zu einem Stundenlohn i.H.v. 7,50 EUR bei einer 35-Stunden-Woche, mithin zu einem Monatsgehalt i.H.v. 1.136,62 EUR als Helfer beschäftigt.

Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger unter dem 6.11.2013 eine Probezeitkündigung zum 21.11.2013 sowie unter dem 11.11.2013 eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen.

Gleichzeitig hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger unter dem 6.11.2013 auch eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens von seinem Arbeitsplatz sowie unter dem 9.11.2013 eine erneute zweite Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens des Klägers vom Arbeitsplatz ausgesprochen.

Hiergegen erhob der Kläger unter dem 29.11.2013 u.a. Kündigungsschutzklage und stellte folgende Anträge:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 6.11.2013, zugegangen am 8.11.2013, nicht aufgelöst wurde.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 9.11.2013, zugegangen am 11.11.2013, nicht aufgelöst wurde.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiter fortbesteht.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens der Anträge zu Nrn. 1 und 2 wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auch weiterhin über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 6.11.2013 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger mit Schreiben vom 9.11.2013 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

Der Rechtsstreit ist durch gerichtlichen Vergleich beendet worden.

Das ArbG hat sodann nach Anhörung der Beteiligten den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit beider Parteivertreter auf 3.784,96 EUR festgesetzt und hierzu ausgeführt, dass es die erste und zweite Kündigung jeweils mit einem Bruttomonatsverdienst des Klägers sowie die erste Abmahnung ebenfalls mit einem Monatsgehalt und die zweite Abmahnung mit einem 1/3-Monatsgehalt bewerte.

Der hiergegen eingelegten Beschwerde des Klägervertreters (Beteiligter zu 1), mit der dieser für das Verfahren ein weiteres Bruttomonatsgehalt für den Weiterbeschäftigungsantrag sowie für die im Vergleich geregelte Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses die Bewertung mit einem Monatsgehalt verfolgt, hat das ArbG nicht abgeholfen und sie dem LAG vorgelegt.

2 Aus den Gründen

In der Sache hat die Beschwerde teilweise Erfolg.

Das ArbG hat den für die Gerichtsgebühr maßgebenden Wert für die gegen die Abmahnungen vom 6.11.2013 und vom 9.11.2013 gerichteten Anträge zu Unrecht mit zwei Monatsgehältern des Klägers bewertet. Außerdem hat es die Bewertung des Weiterbeschäftigungsantrags sowie des im Vergleich unter Nr. 4 geregelten Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses offensichtlich übersehen und die Bewertung der Bestandsschutzanträge zu gering bemessen.

Dies war durch Änderung des angefochtenen Beschlusses und Anhebung des Streitwerts zu korrigieren.

a) Das ArbG hat die beiden Abmahnungen vom 6.11.2013 und vom 9.11.2013 mit einer 1,33 Bruttomonatsvergütung des Klägers hier unangemessen zu hoch bewertet. Es folgt zwar insoweit der bisherigen Rspr. des Sächsischen LAG (vgl. Beschl. v. 28.10.2013 – 4 Ta 199/13 u. v. 24.2.2014 – 4 Ta 5/14).

Das Beschwerdegericht hält jedoch in Anlehnung an den modifizierten Streitwertkatalog vom 9.7.2013 (siehe I. Nr. 2.2) an seiner bisherigen Rechtsauffassung nicht mehr fest (vgl. Beschl. v. 26.2.2015 – 4 Ta 128/14).

Nach der nunmehr vom Beschwerdegericht vertretenen Rechtsauffassung bemisst sich der Wert einer Klage auf Entfernung einer Abmahnung unabhängig von der Anzahl und Art der Vorwürfe auf ein Bruttomonatsgehalt. Greift ein Kläger in einem Verfahren mehrere Abmahnungen an, werden diese grundsätzlich mit max. dem Vierteljahresentgelt bewertet. Die Deckelung nach oben folgt aus der Überlegung, dass der Gegenstandswert einer...

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