1. Anfall der Verfahrensgebühr

Hinsichtlich der Ausführungen des LG zum Anfall der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV ist dem LG zuzustimmen. Es kommt nicht darauf an, ob sich die vom Rechtsanwalt erbrachte Tätigkeit im Hinblick auf die Einziehung aus der Akte ergibt oder nicht. Es handelt sich bei der Nr. 4142 VV um eine grds. normale Verfahrensgebühr, für die die allgemeinen Regeln gelten. D.h., dass die Gebühr für jede Tätigkeit des Rechtsanwalts entsteht, die er für seinen Mandanten erbringt (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 VV Rn 13 ff., 18 ff.). Sie entsteht also für jede gerichtliche und außergerichtliche Tätigkeit, wozu eben auch die sich nicht aus den Akten ergebende Beratung des Mandanten gehört.

Die Rspr. stellt in dem Zusammenhang – so auch das LG – darauf ab, dass die Beratung nach Aktenlage geboten sein muss (vgl. die Nachw. bei Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4142 VV Rn 23), was immer dann der Fall ist, wenn die Einziehung nahe liegt. Dass das hier der Fall war, ergibt sich allein schon daraus, dass die Staatsanwaltschaft in der Abschlussverfügung von der Einziehung gem. § 421 Abs. 3 StPO abgesehen hat. Dieses Absehen lässt i.Ü. nicht die bereits entstandene Gebühr nachträglich entfallen. Das folgt aus dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 4 RVG.

2. Gegenstandswert

Hinsichtlich des für die Berechnung der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV maßgeblichen Gegenstandswertes dürfte dem LG jedoch zu widersprechen sein. Zutreffend ist allerdings der Ansatz des LG, das von dem wirtschaftlichen Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Einziehung ausgeht. Da es hier offenbar um die Abwehr einer Einziehung i.H.v. rund 428.000,00 EUR geht, ist der Gegenstandswert in der Höhe anzusetzen.

Problematisch ist dann aber die konkrete Höhe der zusätzlichen Verfahrensgebühr. Insoweit geht das LG – noch zutreffend – von der Tabelle zu § 49 RVG aus, die den Gegenstandswert und die Wertgebühren für den Pflichtverteidiger beschränkt. Zugrunde legt das LG dann allerdings die seit dem 1.1.2021 aufgrund der Änderungen durch das KostRÄG 2021 v. 21.12.2020 (BGBl I, 3229) geltende Tabelle, die eine Deckelung erst bei Gegenstandswerten von über 50.000,00 EUR und dann eine Festgebühr von 659,00 EUR vorsieht. Das dürfte jedoch nicht zutreffend sein, denn das Verfahren ist – wie sich aus den Beschlussgründen und dem Aktenzeichen ergibt – bereits seit 2016 anhängig. Selbst wenn der Rechtsanwalt nicht damals schon als Pflichtverteidiger bestellt worden ist, dürfte seine Bestellung vor dem 1.1.2021, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KostRÄG 2021 erfolgt sein, was sich auch aus dem Zeitpunkt des "Kostenfestsetzungsantrag vom 2.10.2020" ergibt. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 und 2 RVG dürfte somit altes Recht anzuwenden sein. D.h., dass das LG von der "alten" Tabelle zu § 49 RVG hätte ausgehen müssen. Sie sah eine Deckelung der Gebühr schon bei Gegenstandswerten von über 30.000,00 EUR vor, was hier wegen des Gegenstandswertes von 428.000,00 EUR ohne Bedeutung ist. Vorgesehen war aber nur eine Gebühr von 447,00 EUR. Es hätte also nur in dieser Höhe festgesetzt werden dürfen. In dem Zusammenhang erschließt sich dann übrigens auch nicht, warum der Rechtsanwalt eine Gebühr i.H.v. 467,00 EUR beantragt hat. Das war ebenfalls nicht zutreffend.

Das OLG Braunschweig (AGS 2022, 221, nachfolgend mit Besprechung von Burhoff) hat die Entscheidung des LG Braunschweig bestätigt.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 5/2022, S. 220 - 221

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