Der Antragstellerin ist Prozesskostenhilfe für die zuletzt gestellten Anträge zu bewilligen.

1.  Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein selbstständiges Beweisverfahren ist – wovon auch das LG im Ansatzpunkt zutreffend ausgegangen ist – nicht ausgeschlossen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 490 Rn 5 m. w. Nachw.).

2.  Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen vor (§ 114 ZPO).

a)  Die Antragstellerin ist bedürftig.

b)  Der beabsichtigte Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens hat hinreichende Aussicht auf Erfolg.

aa)  Wird Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens beantragt, sind nicht die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Klage, sondern nur die des Beweisverfahrens ausschlaggebend (OLG Hamm BauR 2005, 1360; OLG Celle BauR 2004, 1659). Insoweit kommt es darauf an, ob ein rechtliches Interesse an der Beweiserhebung gem. § 485 Abs. 2 ZPO vorliegt. Dabei ist der Begriff des rechtlichen Interesses weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Zwar kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei kann es sich aber nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (BGH NJW 2004, 3488).

bb)  Ausgehend hiervon kann ein rechtliches Interesse hinsichtlich der zuletzt gestellten Anträge nicht verneint werden. Die Aktivlegitimation der Antragstellerin folgt aus § 432 BGB, nachdem sie den Vertrag zusammen mit Frau S. geschlossen hat. Ob die Beteiligten das Objekt in Wohnungseigentum überführt haben, ist für die vertraglichen Ansprüche unerheblich. Was die behaupteten Mängel anbelangt, so ist es zumindest nicht evident, dass die Antragsgegnerin hierfür nicht verantwortlich ist. Dass Gewährleistungsansprüche gegen die Antragsgegnerin vollständig ausgeschlossen sind, kann dem Vertrag nicht entnommen werden.

c)  Die Rechtsverfolgung ist hinsichtlich der zuletzt gestellten Anträge auch nicht mutwillig.

aa)  Entgegen der Auffassung des LG kann auch bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Mutwilligkeit grundsätzlich nicht auf die Erfolgsaussichten eines etwaigen Hauptprozesses abgestellt werden, da dies dem Wesen der Prozesskostenhilfe widersprechen würde. Das Grundgesetz gebietet – wenn auch keine völlige Gleichstellung – eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (BVerfG FamRZ 2007, 1876). Wenn es aber – wie dargelegt – bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 485 ZPO nicht auf die Erfolgsaussichten eines Hauptsacheprozesses ankommt, würde eine im Rahmen der Mutwilligkeit durchgeführte Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung den Zugang einer bedürftigen Partei zu einem selbstständigen Beweisverfahren grundlegend erschweren und damit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit widersprechen.

bb)  Andere Anhaltspunkte für eine Mutwilligkeit bestehen nicht. Zwar hat die Antragstellerin doch sehr umfangreiche Beweisfragen gestellt. Allerdings trägt sie auch erhebliche Mängel an dem Bauwerk vor. Dem Hilfsbedürftigen darf nicht verwehrt werden, den weitestgehenden Rechtsschutz zu wählen (Zöller/Philippi, a.a.O., § 114 Rn 33).

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