Ist PKH bewilligt und wird in dem gerichtlichen Verfahren ein Mehrvergleich geschlossen, bedarf es für die Erstattung der Gebühren aus der Staatskasse grds. einer Erstreckung von PKH-Bewilligung und Beiordnung auf den Mehrvergleich. Lediglich in den Fällen des § 48 Abs. 3 RVG (Abschluss eines Scheidungsfolgenvergleichs) erstreckt sich die Beiordnung automatisch auf den Mehrvergleich.

Für den Fall, dass eine PKH-Bewilligung für den Mehrvergleich erfolgt, war in der Rspr. umstritten, in welchem Umfang der Anwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse erwirbt, wobei von zahlreichen Oberlandesgerichten die Auffassung vertreten wurde, der Anwalt könne nur die Einigungsgebühr aus der Staatskasse verlangen,[6] während die Gegenauffassung auch die Termins- oder Verfahrensdifferenzgebühr als erstattungsfähig angesehen hat.[7] Der BGH[8] hat diese Rechtsfrage nunmehr entschieden und festgestellt, dass bei einer PKH-Bewilligung für einen Mehrvergleich aus der Staatskasse neben der Einigungsgebühr auch die Verfahrensdifferenzgebühr und die Terminsgebühr zu erstatten sind. Es genügt daher die PKH-Bewilligung für den Mehrvergleich, ohne dass das Gericht die Bewilligung ausdrücklich auf die Termins- oder Verfahrensdifferengebühr erweitern muss, wie das vor der BGH-Entscheidung in der Rspr. vereinzelt gefordert wurde.[9]

 

Beispiel 1

In einer erstinstanzlichen Zivilsache wegen 9.000,00 EUR wird PKH bewilligt. In der mündlichen Verhandlung schließen die Parteien einen Vergleich, mit dem neben den anhängigen 9.000,00 EUR auch ein weiterer nicht anhängiger Anspruch über 6.000,00 EUR geregelt wird. Die PKH-Bewilligung wird auf den Mehrvergleich erstreckt.

Der beigeordnete Anwalt erhält aus der Staatskasse folgende Vergütung:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   386,10 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 VV   213,60 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG   435,50 EUR
  nicht mehr als    
  1,5 aus 15.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   402,00 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003 VV 297,00 EUR  
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
5. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 400,50 EUR  
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG   502,50 EUR
  nicht mehr als    
  1,5 aus 15.000,00 EUR    
6. Postpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
7. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   258,40 EUR
  Gesamt   1.618,40 EUR

Auch in einem Rechtsmittelverfahren sind aufgrund der BGH-Entscheidung bei Abschluss eines Mehrvergleichs und Erstreckung der PKH-Bewilligung und Beiordnung sämtliche Gebühren aus der Staatskasse zu vergüten. Zu beachten ist jedoch, dass sich die Einigungsgebühr nach Nr. 1004 VV und auch die Verfahrensgebühren entsprechend erhöhen.

 

Beispiel 2

In einer zweitinstanzlichen Zivilsache wegen 8.000,00 EUR wird PKH bewilligt. In der mündlichen Verhandlung schließen die Parteien einen Vergleich, der neben dem anhängigen Anspruch auch einen weiteren nicht anhängigen Anspruch über 6.000,00 EUR regelt. Die PKH-Bewilligung wird auf den Mehrvergleich erstreckt.

Der beigeordnete Anwalt erhält aus der Staatskasse folgende Vergütung:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 459,20 EUR  
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. 1,1-Verfahrensgebühr, Nr. 3201 VV 293,70 EUR  
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG   536,00 EUR
  nicht mehr als    
  1,6 aus 14.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   402,00 EUR
  (Wert: 14.000,00 EUR)    
4. 1,3-Einigungsgebühr, Nr. 1004 VV 373,10 EUR  
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
5. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 400,50 EUR  
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG   502,50 EUR
  nicht mehr als    
  1,5 aus 14.000,00 EUR)    
6. Postpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
7. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   277,50 EUR
Gesamt 1.738,00 EUR

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