Über die Entwicklung der Rspr. zu den Teilen 4–7 VV aus den Jahren 2022/2023 wurde in AGS 2023, 49 ff. berichtet. Die nachfolgende Übersicht enthält eine Zusammenstellung der im Anschluss daran ergangenen bzw. bekannt gewordenen Rspr. zum §§-Teil. Es sind auch die mit § 14 RVG zusammenhängenden Entscheidungen enthalten. Die Rspr. zu den Teilen 4–7 VV wird im Februar vorgestellt. Der Stand des Beitrags ist Mitte Januar 2024.

 
Hinweis
 
Norm Gericht/Fundstelle Inhalt
I. Paragrafenteil

§ 3a RVG

§ 4 RVG a.F.
EuGH, Urt. v. 12.1.2023 – C-395/21, AGS 2023, 69 = NJW 2023, 903 Eine Klausel eines zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags über die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, nach der sich die Vergütung Letzterer nach dem Zeitaufwand richtet, genügt ohne weitere Angaben nicht dem Erfordernis der Klarheit und Verständlichkeit.
  OLG Bamberg, Urt. v. 15.6.2023 – 12 U 89/22, NJW 2023, 3516

1. Das Textformerfordernis des § 3a Abs. 1 RVG i.V.m. § 126b BGB ist gewahrt, wenn die schriftliche Honorarvereinbarung ausreichend bestimmt ist, sich daraus ergibt, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll und dies Niederschlag in der schriftlichen Vergütungsvereinbarung gefunden hat.

2. Nach der Rspr. des EuGH (NJW 2023, 903) ist die Prüfung, ob eine Klausel klar und verständlich ist, vom nationalen Gericht unter Berücksichtigung aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände vorzunehmen und danach zu bewerten, ob dem Verbraucher sämtliche Tatsachen mitgeteilt wurden, die sich auf den Umfang seiner Verpflichtung auswirken können und ihm erlauben, die finanziellen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen.
  OLG München, Urt. v. 2.2.2022 – 15 U 2738/21 Rae, AGS 2022, 203 = JurBüro 2022, 301

1. Der Rechtsanwalt schuldet seinem Mandanten/Auftraggeber grds. keinen Hinweis auf die Höhe der bisher entstandenen oder noch entstehenden Gebühren. Er muss nur auf Verlangen des Auftraggebers die voraussichtliche Höhe seines Entgelts mitteilen.

2. Aus besonderen Umständen des Einzelfalles kann sich aber nach Treu und Glauben eine Pflicht des Rechtsanwalts ergeben, den Mandanten auch ungefragt über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung zu belehren. Maßgeblich dafür ist, ob der Rechtsanwalt nach den Umständen des Einzelfalls ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis erkennen konnte und musste.

3. Nach st. Rspr. sind für die Frage, ob bei einer vereinbarten Vergütung ein für Sittenwidrigkeit sprechendes Missverhältnis vorliegt, auch der nach dem Anwaltsvertrag geschuldete tatsächliche Aufwand und ein besonderer Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Gerade bei Sachen mit niedrigem oder mittlerem Streitwert kann auch ein Honorar, das die gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfaches übersteigt, angemessen sein.
§ 10 RVG BGH, Beschl. v. 16.2.2023 – IX ZR 189/21, AGS 2023, 255 = JurBüro 2023, 249 = NJW-RR 2023, 759 Ein Rechtsanwalt ist auch nach seinem Ausscheiden aus der Anwaltschaft berechtigt und verpflichtet, zur Einforderung seiner Vergütung außerhalb eines Kostenfestsetzungsverfahrens entsprechende Berechnungen zu unterzeichnen und den Auftraggebern mitzuteilen, wenn ein Abwickler nicht bestellt oder der bestellte Abwickler insoweit nicht tätig geworden ist.
§ 11 RVG OLG Celle, Beschl. v. 21.8.2023 – 2 W 107/23 Materiellrechtliche Einwendungen (im Kostenfestsetzungsverfahren) sind – auch bei der Frage der Nichtigkeit eines Anwaltsvertrages – nur berücksichtigungsfähig, wenn sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können.
§ 14 RVG OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.6.2023 – 1 Ws 12/23 (S), JurBüro 2023, 579 Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 14 Abs. 3 S. 1 RVG und dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf zur Einführung des RVG – BT-Drucks 15/1971, 234) beschränkt sich die Anwendbarkeit der vorgenannten Vorschrift auf die Fälle der Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer durch das Gericht in einem Rechtsstreit über die Höhe der Rahmengebühr zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Damit sind die Anwendungsfälle auf Zivilstreitigkeiten zwischen Rechtsanwalt und Mandanten beschränkt. Fälle der Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder durch die Strafgerichte sind unabhängig von § 73 Abs. 2 Nr. 8 BRAO davon nicht erfasst.
 

LG Koblenz, Beschl. v. 22.8.2023 – 6 Qs 38/23, AGS 2024, 17;

LG Leipzig, Beschl. v. 6.1.2023 – 5 Qs 66/22, AGS 2023, 220
Unbillig i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist eine Gebührenbestimmung, wenn sie um 20 % oder mehr von der Gebühr abweicht, die sich unter Berücksichtigung aller in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG genannten Bemessungsgrundlagen ergibt.
  LG Dresden, Beschl. v. 14.9.2023 – 5 Qs 56/23, AGS 2023, 496 Eine vom Gericht zu tolerierende Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts liegt nur vor, wenn sie aufgrund der Umstände des Einzelfalls i.V.m. den Bemessungskriterien getroffen worden ist.
  OLG Schleswig, Beschl. v. 26.7.2023 – 7 U 4...

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