I. Die Festsetzung

Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszugs

Die aus der Staatskasse zu gewährende PKH- oder VKH-Vergütung des Anwalts wird auf seinen Antrag vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des ersten Rechtszugs festgesetzt (§ 55 Abs. 1 S. 1 RVG).

Bei Wertgebühren kann auch das Rechtsmittelgericht zuständig sein

Soweit Wertgebühren abzurechnen sind und die Sache vor dem Rechtsmittelgericht anhängig und noch nicht beendet worden ist, ist der Urkundsbeamte des Rechtsmittelgerichts zuständig (§ 55 Abs. 2 RVG).

Kein Formularzwang

Ein Formularzwang besteht – im Gegensatz zur Festsetzung der Beratungshilfevergütung – nicht.

Vergütung ist glaubhaft zu machen

Der Anfall der angemeldeten Gebühren und Auslagen ist glaubhaft zu machen (§ 55 Abs. 5 S. 1 RVG i.V.m. § 104 Abs. 2 ZPO).

Der Antrag hat darüber hinaus eine Erklärung zu enthalten, ob und welche Vorschüsse oder Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben.

Eventuelle Beratungshilfevergütung ist voll anzurechnen

Hat der Anwalt zuvor im Wege der Beratungshilfe eine Beratungsgebühr (Nr. 2501 VV) oder eine Geschäftsgebühr (Nr. 2503 V) aus der Landeskasse erhalten, so ist die Beratungsgebühr in voller Höhe (Anm. zu Nr. 2501 VV) und die Geschäftsgebühr zur Hälfte (Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV) auf die Vergütung des gerichtlichen Verfahrens angerechnet.

Anrechnung von Zahlungen des Auftraggebers oder Dritten richtet sich nach § 58 Abs. 2 RVG

Eventuelle Zahlungen, die der Anwalt vom Mandanten oder einem Dritten erhalten hat, werden zwar ebenfalls auf die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung angerechnet, allerdings wird zunächst auf denjenigen Teil der Vergütung angerechnet, für den ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 RVG besteht (§ 58 Abs. 2 RVG).

Nachträgliche Zahlungen sind unverzüglich anzuzeigen (§ 55 Abs. 5 S. 4 RVG).

II. Ausschluss wegen Verschuldens

Hat der beigeordnete Rechtsanwalt durch schuldhaftes Verhalten die Beiordnung eines anderen Anwalts veranlasst, kann er Gebühren, die auch für den anderen Anwalt entstehen, nicht fordern (§ 54 RVG).

III. Erinnerung

Gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten ist nach § 56 Abs. 1 RVG unabhängig vom Wert immer die Erinnerung gegeben.

Keine Frist für Erinnerung

Eine Frist ist nicht vorgesehen (OLG Frankfurt RVGreport 2007, 100; AG Halle/Saale Rpfleger 2012, 266 = FamRZ 2012, 1579 = BtPrax 2012, 86). In Betracht kommen kann allerdings Verwirkung.

Der Erinnerung kann der Urkundsbeamte abhelfen. Anderenfalls legt er sie dem Richter, der Kammer oder dem Senat vor, die abschließend entscheiden.

IV. Beschwerde

Wert muss 200 EUR übersteigen oder Beschwerde muss zugelassen sein

Gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist die Beschwerde zum nächst höheren Gericht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde in der Entscheidung über die Erinnerung zugelassen worden ist (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG).

Beschwerdebefugt ist nicht nur der Anwalt; auch die Staatskasse kann Beschwerde einlegen, wenn sie der Auffassung ist, die Vergütung sei zu hoch festgesetzt.

Die Beschwerde ist auch dann zulässig, wenn nach der zugrunde liegenden Verfahrensordnung Entscheidungen des Rechtspflegers oder Entscheidungen in der Kostenfestsetzung nicht anfechtbar sind, wie z.B. in sozialgerichtlichen Verfahren (§ 197 Abs. 2 SGG). Soweit die Rspr. zum Teil hier einen Beschwerdeausschluss annimmt (so LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27.6.2011 – L 3 R 234/10 B; Beschl. v. 22.12.2010 – L 8 B 21/08 SO; Beschl. v. 30.10.2009 – L 4 P 8/09 B; LSG Berlin-Brandenburg AGS 2011, 499 = NZS 2012, 120; NZS 2011, 800; Beschl. v. 24.2.2009 – L 15 SF 9/09 B; 8.3.2011 – L 6 SF 236/09 B; RVGreport 2008, 420; LSG Schleswig, Beschl. v. 26.1.2011 – L 1 B 266/09 SF E; Beschl. v. 23.7.2008 – L 18 B 76/08 SF; Sächsisches LSG NZS 2006, 612; LSG Nordrhein-Westfalen NZS 2011, 799; Beschl. v. 13.7.2009 – L 7 B 2/09 SB; Beschl. v. 26.9.2008 – L 19 B 123/08 AS; Beschl. v. 23.7.2008 – L 19 B 170/07 AS; Beschl. v. 12.7.2007 – L 2 B 18/06 KN P; LSG Saarbrücken AGS 2009, 195 = JurBüro 2009, 260; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 28.10.2008 – L 9 B 19/08 AS SF; NdsRpfl 2007, 136; RVGreport 2007, 99), hat der Gesetzgeber bereits reagiert und wird durch einen neuen § 1 Abs. 3 RVG klarstellen, dass sich die Beschwerdemöglichkeit immer nach dem RVG richtet und auf Beschränkungen sonstiger Verfahrensordnungen nicht zugegriffen werden kann. Zutreffend jetzt bereits LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 17.7.2008 – L 6 B 93/07; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.3.2011 – L 10 SF 295/10 B PKH; Beschl. v. 16.8.2010 – L 18 SF 172/10 B PKH; Bayerisches LSG AGS 2012, 584 = NJW-Spezial 2012, 699; ASR 2010, 270 = RVGreport 2010, 216; LSG Schleswig-Holstein ASR 2009, 65 = NZS 2009, 534 = RVGreport 2008, 421.

Beschwerdegericht ist das nächst höhere Gericht, in Verfahren nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das O...

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