Leitsatz

Die 0,5-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV nebst Auslagen, die dem beauftragten Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Beschwerdeverfahren betreffend die Ablehnung eines Sachverständigen zusteht, gehört zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, sofern eine entsprechende Kostenentscheidung ergangen ist.

OLG Celle, Beschl. v. 7.6.2010 – 2 W 147/10

I. Der Fall

In einem vor dem LG geführten Rechtsstreit hatte der Kläger den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das LG hatte das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Dagegen hatte der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, die das OLG „auf Kosten“ des Klägers zurückgewiesen hat. Daraufhin beantragten die Beklagten, gegen den Kläger eine 0,5-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV für das Beschwerdeverfahren nebst Auslagen und Umsatzsteuer festzusetzen. Der Kläger beantragte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Brandenburg, MDR 2002, 1092, die Festsetzung abzulehnen. Zudem ordne der Beschluss des OLG keine Kostenerstattung zugunsten der Beklagten an. Die Rechtspflegerin hat die angemeldete Vergütung antragsgemäß festgesetzt.

Hiergegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen sei. Der Tenor der Entscheidung des OLG enthalte auch keine Bestimmung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten. Er könne auch nicht in diesem Sinn ausgelegt werden.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, dass der Einwand der Unzulässigkeit der Kostenerstattung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu klären sei.

II. Die Entscheidung

Die Rechtspflegerin hat zwar mit einer unzureichenden Begründung, aber jedenfalls im Ergebnis zu Recht die beantragten Rechtsanwaltsgebühren für das Beschwerdeverfahren festgesetzt. Den Beklagten sind Rechtsanwaltskosten in Form einer 0,5-Verfahrensgebühr nebst Auslagen im Beschwerdeverfahren vor dem OLG erwachsen, die als notwendige Kosten des Rechtsstreits festsetzungsfähig sind.

Beschwerdeverfahren löst gesonderte Gebühren aus

1. Zwar gehört die Ablehnung von Richtern und Sachverständigen gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG zu den Neben- oder Abwicklungstätigkeiten eines Rechtszuges oder des Verfahrens, so dass ein gesonderter Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nicht besteht (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., § 19 Rn 2). Dies gilt jedoch nur für das Ablehnungsverfahren als solches, nicht aber für das Beschwerdeverfahren. Hier entspricht es ganz h.M., dass dem Anwalt ein Anspruch auf Erstattung einer 0,5-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV erwächst (AnwK-RVG/Schneider, 5. Aufl., § 19 Rn 53). Eine Erstattung kommt indes nur dann in Betracht, wenn der Anwalt mit der Vertretung der Partei im Beschwerdeverfahren beauftragt worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend nicht der Fall gewesen ist, bestehen nicht. Ungeachtet dessen ist nach der Rspr. des BGH (NJW 2005, 2233, 2234) in der Regel von einer Auftragserteilung auszugehen, wenn der Anwalt die Partei im Hauptsacheverfahren vertritt. Der Kläger hat eine Auftragserteilung auch nicht in Abrede gestellt.

Gebühren des Beschwerdeverfahrens sind auch notwendige Kosten

2. Die entstandenen Kosten zählen hier auch zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 ZPO.

Die Notwendigkeit kann nicht mit der Erwägung verneint werden, dass es sich bei der Sachverständigenablehnung genauso wie bei der Richterablehnung um ein nicht kontradiktorisches Verfahren handele, bei dem eine Kostenerstattung nur dann in Betracht komme, wenn der Prozessgegner zur Stellungnahme aufgefordert oder von sich aus aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt war (OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.7.2008 – 12 W 15/08, sowie MDR 2002, 1092 = OLGR 2002, 370 ff.).

Beschwerdeverfahren ist kontradiktorisches Verfahren

Der BGH hat mit Beschl. v. 6.4.2005 (AGS 2005, 413) für das Richterablehnungsverfahren gem. §§ 46 ff. ZPO entschieden, dass dieses kein auf das Verhältnis zwischen der ablehnenden Partei und dem Gericht beschränktes Verfahren sei, weil die Entscheidung darüber, ob der zuständige Richter zur Entscheidung berufen sei, nicht nur die Interessen der ablehnenden Partei berühre. Ihrem Recht auf Bereitstellung eines unparteiischen Richters stehe der Anspruch des Gegners auf den gesetzlichen Richter gegenüber, der bei Ersetzung eines tatsächlich nicht befangenen Richters verletzt werde. Demgemäß ist beiden Parteien rechtliches Gehör zu gewähren, woraus auch folge, dass der Gegner der ablehnenden Partei Beteiligter des Ablehnungsverfahrens sei. Die Rechtsanwaltskosten der gegnerischen Partei seien daher festsetzungsfähig.

Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für das Sachverständigenablehnungsverfahren gem. § 406 ZPO. Auch wenn umstritten ist, wer wann zu einem Ablehnungsgesuch anzuhören ist (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl., § 406 Rn 17), kann ein Anspruch der gegnerischen Partei auf Gewährung rec...

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