Leitsatz (amtlich)

Die 0,5-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 RVG-VV, die dem beauftragten Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Beschwerdeverfahren betreffend die Ablehnung eines Sachverständigen zusteht, gehört zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 104, 404, 406

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Aktenzeichen 4 O 373/06)

 

Tenor

Die am 19.5.2010 beim LG Lüneburg eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers gegen den am 5.5.2010 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 336,77 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. In einem vor dem LG Lüneburg geführten Rechtsstreit erklärte der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.3.2010 zu Protokoll, dass er den gerichtlich bestellten und vom Gericht angehörten Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ablehne (Bl. 478 d.A.) Mit Beschluss vom 14.3.2010 wies das LG das Ablehnungsgesuch des Klägers zurück (Bl. 483 d.A.). Gegen diesen Beschluss legte der Kläger mit einem am 1.4.2010 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde ein (Bl. 497 d.A.), die mit Beschluss des OLG Celle vom 15.4.2010 "auf Kosten" des Klägers zurückgewiesen wurde (Bl. 522 d.A.). Mit Schriftsatz vom 19.4.2010 beantragten die Beklagten, gegen den Kläger eine 0,5Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 RVG-VV für das Beschwerdeverfahren nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 336,77 EUR festzusetzen (Bl. 533 f. d.A.). Mit Schriftsatz vom 27.4.2010 (Bl. 536 d.A.) nahm der Kläger zu diesem Antrag Stellung. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Brandenburg in MDR 2002, 1092 wies er darauf hin, dass eine Kostenerstattung nicht in Betracht komme. Der Beschluss des OLG ordne auch keine Kostenerstattung zugunsten der Beklagten an. Die Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des LG Lüneburg setzte sodann die von den Beklagten geltend gemachten Rechtsanwaltskosten mit Beschluss vom 29.4.2010 (Bl. 538 f. d.A.) antragsgemäß fest.

Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19.5.2010 (Bl. 540 f. d.A.) sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen sei. Der Tenor der Entscheidung des OLG enthalte auch keine Bestimmung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten. Er könne auch nicht in diesem Sinn ausgelegt werden. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 20.5.2010 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, dass der Einwand der Zulässigkeit der Kostenerstattung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu klären sei.

II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. den §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Die Rechtspflegerin hat zwar mit einer unzureichenden Begründung, aber jedenfalls im Ergebnis zu Recht die beantragten Rechtsanwaltsgebühren für das durchgeführte Beschwerdeverfahren festgesetzt. Den Beklagten sind Rechtsanwaltskosten in Form einer 0,5Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren vor dem OLG erwachsen, die als notwendige Kosten des Rechtsstreits festsetzungsfähig sind.

1. Zwar gehört die Ablehnung von Richtern und Sachverständigen gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG zu den Neben oder Abwicklungstätigkeiten eines Rechtszuges oder des Verfahrens, so dass ein gesonderter Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nicht besteht (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe, RVG, 18. Aufl., § 19 Rz. 2). Dies gilt jedoch nur für das Ablehnungsverfahren als solches, nicht aber für das Beschwerdeverfahren. Hier entspricht es ganz herrschender Meinung, dass dem Anwalt ein Anspruch auf Erstattung einer 0,5Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 RVG-VV erwächst (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe, a.a.O., Rz. 52. Schneider/Wolf/Mock, RVG, 5. Aufl., § 19 Rz. 53). Eine Erstattung kommt indes nur dann in Betracht, wenn der Anwalt mit Vertretung der Partei im Beschwerdeverfahren beauftragt worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend nicht der Fall gewesen ist, bestehen nicht. Ungeachtet dessen ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 2233, 2234) in der Regel von einer Auftragserteilung auszugehen, wenn der Anwalt die Partei im Hauptsacheverfahren vertritt. Der Kläger hat eine Auftragserteilung auch nicht in Abrede gestellt.

2. Die entstandenen Kosten zählen auch zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 ZPO.

Die Notwendigkeit kann nicht mit der Erwägung verneint werden, dass es sich bei der Sachverständigenablehnung genauso wie bei der Richterablehnung um ein nicht kontradiktorisches Verfahren handele, bei dem eine Kostenerstattung nur dann in Betracht komme, wenn der Prozessgegner zur Stellungnahme aufgefordert oder von sich aus aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt war (v...

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