Rechtslage ist strittig

In Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist strittig, ob eine fiktive Terminsgebühr anfallen kann. Insbesondere in Kindschaftssachen ist die Frage umstritten. Einige Gerichte leiten aus der Vorschrift, dass das Gericht mit den Beteiligten die Sache erörtern soll, die Anwendbarkeit der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV her. Die Erörterung stehe in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit der mündlichen Verhandlung gleich; das Wort "soll" beinhalte ein gebundenes Ermessen; das Gericht müsse erörtern, es sei denn, die Beteiligten seien damit einverstanden, dass ohne Erörterung entschieden werde.

 

Terminsgebühr bei Entscheidung ohne Termin im Verfahren über die elterliche Sorge

Wird in einem Verfahren der elterlichen Sorge im Einverständnis mit den Beteiligten ohne Termin entschieden, so entsteht gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV eine Terminsgebühr, da in einem solchen Verfahren die Durchführung eines Erörterungstermins vorgeschrieben ist.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.9.2010 – 8 WF 133/10

Die ganz überwiegende h.M. lehnt jedoch eine fiktive Terminsgebühr in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ab.

 

Beispiel

Die Ehefrau beantragt eine Regelung zum Sorgerecht (Wert: 3.000,00 EUR). Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren durch Beschluss.

Abzurechnen ist nach h.M. wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 281,30 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   53,45 EUR
Gesamt 334,75 EUR
 

Terminsgebühr in Kindschaftssachen bei Entscheidung ohne Durchführung eines Termins

Entscheidet das Familiengericht ohne Durchführung eines Termins über die Übertragung der elterlichen Sorge auf ein Elternteil, fällt eine Terminsgebühr nicht an, weil im Sorgerechtsverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und die mit den Beteiligten durchzuführende mündliche Erörterung einer mündlichen Verhandlung nicht gleichzusetzen ist.

OLG Hamm, Beschl. v. 1.10.2012 – II-6 WF 46/12

 

Rechtsanwaltsvergütung im Verfahren nach § 1666 BGB

Findet im Verfahren nach § 1666 BGB kein Gerichtstermin statt, so entsteht keine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV (Entscheidung ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung), weil § 157 FamFG eine Soll-Vorschrift ist und die in § 155 Abs. 2 FamFG vorgeschriebene Erörterung sowie die in § 160 Abs. 1 FamFG vorgeschriebene Anhörung keine mündliche Verhandlung sind.

OLG Schleswig, Beschl. v. 12.2.2014 – 15 WF 410/13

 
Hinweis

Wird der gem. § 155 Abs. 2 FamFG vorgeschriebene Erörterungstermin in einer Kindschaftssache gemäß § 155 Abs. 1 FamFG tatsächlich nicht durchgeführt, entsteht keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV.

OLG München Beschl. v. 24.1.2012 – 11 WF 126/12

Auch bei Vergleich keine fiktive Terminsgebühr

Dies gilt nicht nur dann, wenn ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, sondern auch dann, wenn ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.

 

Beispiel

Die Ehefrau beantragt eine Regelung zur Ehewohnung während der Trennung (Wert: 3.000,00 EUR). Auf Vorschlag des Gerichts schließen die Beteiligten einen schriftlichen Vergleich.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV   201,00 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 482,30 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   91,64 EUR
Gesamt 573,94 EUR
 

Terminsgebühr in Kindschaftssachen bei verfahrenserledigender Vereinbarung ohne Erörterungstermin

Hat in einem den Umgang betreffenden Verfahren ein Anhörungs- oder Erörterungstermin tatsächlich nicht stattgefunden, wird die Terminsgebühr im Falle eines schriftlichen Vergleichsabschlusses nicht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV ausgelöst.

OLG Celle, Beschl. v. 13.9.2011 – 10 WF 227/11

 

Keine Terminsgebühr bei schriftlichem Vergleich in Kindschaftssachen

Der bloße Abschluss eines schriftlichen Vergleichs löst in einer Kindschaftssache keine Terminsgebühr aus.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.4.2014 – 5 WF 181/13

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