Tenor

wird die Erinnerung des Schuldners gegen den Beschluß vom 15.12.2000 kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG zulässige Erinnerung hat in der Sache keinen Erfolg. Auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Das Insolvenzgericht besitzt keine Zuständigkeit für eine verbindliche Entscheidung zur Regelung der Hohe des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens in Anwendung der Grundsätze des § 850 f ZPO (so auch AG Köln, Beschluss vom 22.12.2000 – 71 IK 4/99 –).

Dabei wird nicht verkannt, dass die Maßstäbe des § 850 f ZPO, die als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips die Absicherung des sozialhilferechtlichen Mindestbedarfs des Schuldneres bezwecken, innerhalb jeglichen Vollstreckungsverfahrens zu beachten sind, demgemäß auch im eröffneten Insolvenzverfahren.

Maßgeblich für die Entscheidungskompetenz sind aber die für dieses Verfahren geltenden Vorschriften der Insolvenzordnung.

Nach den §§ 36 Abs. 1 Satz 1, 80 Abs. 1, 312, 313 InsO hat der Treuhänder das der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen und somit auch den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zur Masse zu ziehen, aber eben nur den nach den §§ 850 ff. ZPO zu ermittelnden pfändbaren Teil insbesondere unter Beachtung der Grenzen des § 850 f ZPO, sofern schuldnerseits die für die Ermittlung des nach § 850 f InsO pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens maßgeblichen Umstände mitgeteilt werden und sich der Treuhänder von ihrem Vorliegen überzeugen kann.

Um ein Problem der Unterhaltsgewährung nach § 100 InsO handelt es sich hierbei nicht, da § 100 InsO den Unterhalt aus der Masse regelt, das unpfändbare Arbeitseinkommen aber bereits nach § 36 InsO nicht zur Insolvenzmasse zahlt. § 100 InsO regelt demgemäß nicht die Frage der Aufteilung des Arbeitseinkommens des Schuldners sondern ist nur dann einschlägig, wenn der Schuldner entweder über gar keine Einkünfte wohl aber über zur Masse zahlendes Vermögen oder nur über Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit verfugt, da nur in diesen Fällen es zu der Situation kommt, dass nicht bereits fehlende Zugehörigkeit zur Masse sondern erst die Unterhaltsgewährung aus der Masse die Absicherung der Existenz des Schuldners ermöglicht.

Selbst wenn man aber § 100 InsO für anwendbar hielte, wurde der Treuhänder nicht aus der Entscheidungsnot entlassen werden können. Nach § 100 Abs. 1 InsO ist es Aufgabe der Gläubigerversammlung, über die Hohe des dem Schuldner zu gewährenden Unterhaltes zu befinden und bis zu einer solchen Entscheidung Sache des Insolvenzverwalters, im Verbraucherinsolvenzverfahren mithin des Treuhänders. Soweit § 100 Abs. 2 InsO irreführenderweise durch die Formulierung „kann” zu dem Schluss verleitet, hier werde lediglich die Rechtsmacht des Verwalters/Treuhänders geregelt, ist darauf hinzuweisen, dass das verfassungsrechtliche Gebot aus Art. 1 Abs. 1; Art. 20 Abs. 1 GG jedermann verpflichtet, dem Einzelnen an Einkommen soviel zu belassen, als er als Mindestvoraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein benötigt (BVerfG NJW 1990,2869; 1999, 561), erst recht den Treuhänder, welcher, nicht als Vertreter des Schuldners oder der Gläubiger sondern als neutraler Amtswalter eine dem geltenden Recht entsprechende Verfahrensabwicklung zu gewährleisten hat, worauf bereits der angegriffene Beschluss hinwies.

Für einen gerichtlichen Beschluss zur Bestimmung des pfändbaren Einkommens, wie § 850 f ZPO ihn für die Einzelvollstreckung vorsieht, gibt es bei dieser Rechtslage weder eine Notwendigkeit noch eine gesetzliche Grundlage.

Die Kompetenz zur Regelung der Hohe des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens kann auch nicht durch analoge Anwendung des § 850 f ZPO (OLG Köln ZInsO 2000, 499) konstruiert werden, da die Verweisung des § 4 InsO auf die Vorschriften der ZPO die allgemeinen Regeln für die Gestaltung des gerichtlichen Verfahrens betrifft und nicht die Übertragung einer Entscheidungskompetenz, die die ZPO für die Einzelzwangsvollstreckung dem Vollstreckungsgericht zuweist (AG Köln a.a.O.). Auch das Kriterium der Sachnähe hilft nicht weiter, da es unüberwindbaren Bedenken aus Art. 101 Abs. 2 GG begegnet. Darüber hinaus fehlt es an der für eine analoge Anwendung erforderlichen Regelungslücke, da die InsO die Frage der Entscheidungskompetenz für die Bestimmung der Massezugehörigkeit und dementsprechend der Bestimmung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens wie vorstehend dargelegt in den §§ 36 Abs. 1 Satz 1, 80 Abs. 1, 312, 313 InsO regelt.

Einen etwaigen Streit zwischen Schuldner und Treuhänder über die Hohe des pfändbaren Einkommens wird der Schuldner als Streit über die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zur Insolvenzmasse als bürgerliche Rechtsstreitigkeit vor dem Prozessgericht auszutragen haben.

Das Gericht übersieht nicht die Praktikabilitätserwägungen, welche – de lege ferenda – für die Regelung der Hohe des pfändbaren Einkommens durch Beschluss des Insolvenzgerichtes sprechen. Das vermag das Gericht aber nicht zu veranlassen (Art. 20 Abs. 3 GG), ...

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