Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte … gem. Rechnung vom 8.9.2004 i.H.v. 113,68 EUR freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Gründe

Tatbestand und Entscheidungsgründe gem. § 495 a ZPO:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beklagte haftet der Klägerin auf weiteren Schadensersatz gem. § 3 Ziff. 1 PflVersG i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG. Der Schadensersatzanspruch richtet sich auf Freistellung der Klägerin von der Gebührenrechnung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8.9.2004 i.H.v. noch 113,68 EUR.

Der der Klägerin aus dem Verkehrsunfallgeschehen zustehende Schadensersatzanspruch (§ 249 BGB) erfasst auch die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten, die sich gem. der Gebührenrechnung ihrer Anwälte vom 8.9.04 auf insgesamt 392,66 EUR belaufen; hierauf hat die Beklagte vorprozessual bereits 278,98 EUR entrichtet, so dass noch ein Restanspruch i.H.v. 113,68 EUR verbleibt.

Zu Recht haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in ihrer Kostennote vom 8.9.04 eine Regelgebühr von 1,3 in Ansatz gebracht. Bei außergerichtlicher Vertretung erhält der Rechtsanwalt (nur noch) eine Geschäftsgebühr, deren einheitlicher Gebührenrahmen nach Wegfall der Besprechungs- und Beweisgebühr nach bisherigem Recht (§ 118 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 BRAGO) 0,5–2,5 beträgt (VV Nr. 2400). Die Mittelgebühr liegt hiernach bei 1,5 (vgl. Gerold, Schmidt u.a., RVG, 16. Aufl., Rnd. 95 m.w.N.). Allerdings hat der Gesetzgeber auch eine sog. Schwellengebühr eingeführt. Eine höhere Gebühr als 1,3 soll der Anwalt nur noch dann fordern können, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Mit dieser Schwellengebühr wird kein zweiter unterschiedlich definierte Gebührenrahmen eingeführt, etwa in der Weise, dass in einfachen und nicht schwierigen Angelegenheiten nur ein Rahmen von 0,5–1,3 mit einer Mittelgebühr von 0,9 anzusetzen ist. Die gesetzliche Regelung ist vielmehr so zu verstehen, dass die Gebühr von 1,3 eine Kappungsgrenze darstellt. Die angemessene Gebühr ist unter Berücksichtigung des gesamten Gebührenrahmens von 0,5–2,5 und aller Bemessungskriterien des § 14 RVG zu bestimmen, wobei den Merkmalen Umfang und Schwierigkeit vorrangige Bedeutung zukommt. Sofern die Sache vom Umfang und der Schwierigkeit her (nur) durchschnittlich ist, beträgt die Gebühr hiernach höchstens 1,3. Liegen Umfang und Schwierigkeit des Falles über dem Durchschnitt, so kann der Rechtsanwalt den Gebührenrahmen bis zum 2,5-fachen der Gebühr in Anspruch nehmen. Dieser insgesamt weite Gebührenrahmen ermöglicht eine flexible Gebührengestaltung. Die Gebühr soll das Betreiben des Geschäftes einschließlich der Information, der Teilnahme an Besprechungen oder das Mitwirken bei einer Vertragsgestaltung dergl. abgelten. In nur durchschnittlichen Angelegenheiten ist hierbei grundsätzlich von einer Mittelgebühr (1,5) auszugehen, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 allerdings nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit des Anwaltes umfangreich und schwierig war, womit gemeint ist, dass Umfang und Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegen müssen. Falls diese Voraussetzungen – wie im Streitfall – nicht vorliegen, ist die Schwellengebühr von 1,3 als Regelgebühr in Ansatz zu bringen. Hiernach erhält der Anwalt des Geschädigten auch in sog. einfachen Regulierungssachen eine Gebühr von 1,3 (vgl. Gerold, Schmidt u.a. RVG, 16. Aufl., 2400–2403 VVG, Rnd. 96 m.w.N.; AG Landstuhl, NJW 05, 161).

Die Beklagte ist nach alledem verpflichtet, die Klägerin von den restlichen Anwaltsgebühren i.H.v. 113,68 EUR freizustellen. Der Klage ist hiernach stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 11, 713 ZPO.

Das Gericht hat die Berufung gemäß § 511 Abs. IV ZPO zugelassen, da die Rechtssache über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat und die zugrunde liegenden Rechtsfragen klärungsbedürftig sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1440726

JurBüro 2005, 254

NZV 2005, 324

ZfS 2005, 258

RVGreport 2005, 147

NJOZ 2006, 561

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