Entscheidungsstichwort (Thema)

Fiktive Abrechnung. Erstattungsfähigkeit. Stundensätze. markengebundener Werkstatt

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Geschädigter ist berechtigt, bei fiktiver Abrechnung die Stundensätze einer markengebundener Vertragswerkstatt zugrunde zu legen. Er muss sich nicht auf die kalkulierten niedrigeren Stundensätze einer Alternativwerkstatt verweisen lassen, solange keine Gewähr für eine gleichwertige, kostengünstigere Reparatur gegeben ist. Eine solche Gewähr könnte durch ein einzelfallbezogenes vorbildliches Angebot erreicht werden.

 

Normenkette

BGB §§ 249-250

 

Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 803,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 22.08.2005 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 24.05.2005 gegen 12:55 Uhr in I ereignete.

Der Kläger ist Eigentümer des Fahrzeugs BMW, amtliches Kennzeichen XXX. Der Beklagte zu 2) war zum Unfallzeitpunkt Fahrer und die Beklagte zu 3) Halterin des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen XXXX, das bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert war. Der Beklagte zu 2) kollidierte mit dem Beklagtenfahrzeug gegen das ordnungsgemäß "B F" geparkte Fahrzeug des Klägers und beschädigte es.

Die Haftung zu 100% ist dem Grunde nach unstreitig. Die Parteien streiten nur um die Höhe des zu gewährenden Schadensersatzes.

Der Kläger holte zur Ermittlung der Schadenshöhe ein Gutachten des Sachverständigenbüros F vom 02.06.200 ein.

Der Kläger hat zunächst Erstattung folgender Beträge begehrt:

Wiederbeschaffungsaufwand Wiederbeschaffungswert 3.400,- abzgl. Restwert 1.300,-

2.100,- Euro

Gutachterkosten

595,61 Euro

Kostenpauschale

25,00 Euro

Ab- und Anmeldekostenpauschale

60,00 Euro

vorgerichtliche Anwaltskosten

165,71 Euro

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers forderte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 06.06.2005 zur Zahlung bis zum 21.06.2005 auf.

Am 24.06.2005 forderte der Klägervertreter die Beklagte zu 1) telefonisch vergeblich zur Regulierung auf.

Der Klägervertreter reichte die Klageschrift vom 21.07.2005 am 23.07.2005 bei Gericht ein. Mit Regulierungsschreiben vom 16.08.2005 zahlte die Beklagte zu 1) 1.387,70 Euro auf den Sachschaden und 595,61 Euro Sachverständigenkosten. Die Klageschrift wurde am 22.08.2005 der Beklagten zu 1) zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 02.11.2005 erklärte der Kläger die Klagerücknahme hinsichtlich der Gutachterkosten, der Kostenpauschale, sowie hinsichtlich weiterer 1.362,70 Euro Fahrzeugschäden.

Der Kläger behauptet, der Wiederbeschaffungswert für das Klägerfahrzeug habe 3.400,- Euro betragen und ist der Ansicht, es sei eine Abrechnung auf fiktiver Wiederbeschaffungsbasis zulässig.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 963,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 2.946,32 seit dem 22.08.2005 zu zahlen;

den Beklagten die Kosten aufzuerlegen, soweit die Klage zurückgenommen wurde.

Die Beklagten beantragen

Klageabweisung.

Die Beklagten tragen vor, es sei nur ein Widerbeschaffungswert von 2.500,- Euro anzunehmen.

Ferner sind die Beklagten der Ansicht, der Kläger sei nicht berechtigt, die Stundensätze einer autorisierten BMW-Werkstatt zugrundezulegen, weil er bei vorausgegangenen Fahrzeugreparaturen eben nicht die Dienste einer autorisierten Markenwerkstatt in Anspruch genommen habe. Demgemäß seien unter Zugrundelegung einer Kalkulation der E GmbH vom 23.06.2005 nur 1.362,70 Euro Nettoreparaturkosten erstattungsfähig. Die Beklagten bestreiten die Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten mit Nichtwissen und sind der Ansicht, insoweit käme nur ein Freistellungsanspruch in Frage.

Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 17.11.2005 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. L vom 05.04.2006 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im wesentlichen begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von 803,01 Euro aus §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG, 3 Nr. 1 PflVG im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfallereignis vom 24.05.2005.

Die Haftung ist dem Grunde nach unstreitig. Der Höhe nach kann der Kläger nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme folgende Beträge erstattet verlangen:

Wiederbeschaffungsaufwand Wiederbeschaffungswert 3.300,00 abzgl. Restwert 1.300,00 abzgl. Klagerücknahme 1.362,70

637,30 Euro

vorgerichtliche Anwaltskosten

165,71 Euro

Summe

803,01 Euro

Der Kläger ist unter Zugrundelegung der Fests...

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