Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Restschuldbefreiung wegen strafgerichtlicher Verurteilung. Verwertung einer Verurteilung als Versagungsgrund. Sachlicher Zusammenhang zwischen den abgeurteilten Straftaten und den Umständen der Versagung der Restschuldbefreiung. Bestimmung der Tilgungsreife

 

Leitsatz (amtlich)

Der Erlass einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe schließt die Verwertung der Verurteilung als Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht aus.

Die Verwertung der Verurteilung ist auch zulässig, wenn zwischen der abgeurteilten Straftat und den Verhältnissen, die zum Insolvenzverfahren geführt haben, kein Zusammenhang besteht.

Die Verwertbarkeit einer Verurteilung als Versagungsgrund richtet sich nach den Tilgungs- und Verwertungsregeln der §§ 45 ff, 51 BZRG. Für die Tilgungsreife ist die Tilgungsfrist maßgebend, die aufgrund der insgesamt eingetragenen und noch nicht tilgungsreifen Verurteilungen des Schuldners gilt (§§ 45 bis 47 BZRG). Es obliegt dem Insolvenzgericht nicht, aus den für § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO erheblichen Verurteilungen eine fiktive Gesamtstrafe zu bilden und hiernach die Tilgungsfrist zu berechnen.

 

Normenkette

StGB § 283b Abs. 1 Nr. 3b; InsO § 289 Abs. 1, § 312 Abs. 2, § 290 Abs. 1 Nr. 1; StGB §§ 283, 283c; BZRG §§ 45, 51, 46 Abs. 1 Nr. 1 lit. a; InsO § 139

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Beschluss vom 05.04.2001; Aktenzeichen 2 W 8/01)

 

Tenor

Dem Schuldner wird die Restschuldbefreiung versagt.

Die Kosten des Verfahrens über den Antrag auf Restschuldbefreiung trägt der Schuldner.

Gegenstandswert für die Versägungsantragstellerin zu 2.: 133.392,00 DM.

 

Tatbestand

I.

Auf Antrag des Schuldners vom 09.06.1999 ist nach erfolgloser Durchführung des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan am

10.10.2000 das vereinfachte Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden. Der Schuldner hat Restschuldbefreiung beantragt. Der Schlusstermin hat im schriftlichen Verfahren stattgefunden; die Erklärungsfrist für die Gläubiger begann am 01.06.2001 und endete am 07.08.2001. Innerhalb dieser Frist haben die beiden im Rubrum genannten Insolvenzgläubiger (Versagungsantragsteller) beim Insolvenzgericht beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen (Bl. 342 ff, 345 ff d.A.). Sie berufen sich darauf, dass der Schuldner durch Strafbefehl des Amtsgerichts Kiel vom August 1996 u.a. wegen Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.

Der Schuldner bestreitet die Verurteilung nicht, weist aber darauf hin, dass die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden und inzwischen nach Ablauf der Bewährungszeit durch Beschluss des Amtsgerichts Kiel vom 28.10.1999 erlassen sei. Eine Versagung der Restschuldbefreiung komme daher einer unzulässigen Doppelbestrafung gleich.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Restschuldbefreiung ist dem Schuldner zu versagen. Die Versagungsanträge sind in zulässiger Weise unter Beachtung der § 289 Abs. 1, § 312 Abs. 2 InsO gestellt, und es besteht der gesetzliche Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers zu versagen, wenn der Schuldner wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c StGB rechtskräftig verurteilt worden ist. Ein solcher Fall liegt hier vor.

A.

Der Schuldner ist vom Amtsgericht Kiel durch Strafbefehl vom 14.08.1996 – 44 Cs … (545 Js …) in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 06.11.1996 wegen fahrlässiger Verletzung der Buchführungspflicht in zwei Fällen (§ 283b Abs. 1 Nr. 3b, Abs. 2 StGB), wegen vorsätzlicher Verletzung der

Konkursantragspflicht (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) und wegen Untreue (§ 266 StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Im Zusammenhang mit § 283b StGB beruhte der Strafbefehl auf der Feststellung, dass der Schuldner als Geschäftsführer der … GmbH die Bilanz der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 1992 um mindestens sieben Wochen und die Bilanz für das Geschäftsjahr 1993 um fast vier Monate verspätet aufgestellt hatte.

Als Einzelstrafen für die beiden Taten nach § 283b StGB setzte der Strafrichter Geldstrafen von 30 und 60 Tagessätzen fest, die mit den Einzelstrafen für die übrigen Taten zu der

Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten zusammengefasst wurden. Die Entscheidung ist seit dem 08.10.1996 rechtskräftig.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den von der Staatsanwaltschaft Kiel übersandten Abschriften der Beschlüsse (Bl. 375 – 379 d.A.).

B.

Die Verurteilung des Schuldners durch den Strafbefehl vom 14.08.1996 rechtfertigt die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

1.

Der Umstand, dass nach Angaben des Schuldners die seinerzeit ausgesprochene Freiheitsstrafe inzwischen nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist, hat für die Anwendung des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO keine Bedeutung. Der Erlass einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe hat nicht zur Folge, dass die Veru...

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