Leitsatz

Zur richtigen Besetzung der Kammer des Erstbeschwerdegerichts

 

Normenkette

§ 10 WEG, § 16 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

1. Der in einer Gemeinschaftsordnung vereinbarte Kostenverteilungsschlüssel kann, wenn die Gemeinschaftsordnung nichts anderes regelt, selbst bei einer auf Dauer nicht fertiggestellten Wohnanlage (so genannter steckengebliebener Bau) nur durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geändert werden.

Ein Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung oder der gesetzlichen Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 2 WEG kann nach h.R.M. i. Ü. nur bestehen, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an ihm als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen. Insoweit besteht allerdings nach ebenfalls h.R.M. nur ein Anspruch auf Änderung, die erst anschließend mit rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung vollzogen ist; begründet wird dies mit dem Interesse an einer klaren Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem eine Neuregelung gelten soll. Konsequenterweise wird deshalb die einredeweise Geltendmachung eines Änderungsanspruchs im Beschlussanfechtungsverfahren nicht zugelassen, weil eine Gemeinschaftsordnungsvereinbarung gilt, solange sie nicht durch Vereinbarung oder durch eine die Zustimmung Einzelner ersetzende gerichtliche Entscheidung wirksam abgeändert ist.

Diese Grundsätze gelten nach h. M. auch für eine vereinbarte Kostenverteilung im "steckengebliebenen Bau"(a.A. z.B. Röll in DNotZ 82, 334/339, der die Neuregelung des Kostenverteilungsschlüssels insoweit für eine Frage der ordnungsgemäßen Verwaltung hält).

2. Der Anfechtung eines gleichwohl gefassten Mehrheitsbeschlusses durch einen Gemeinschafter kann deshalb auch nicht entgegengehalten werden, dass der Anfechtende nach Treu und Glauben verpflichtet ist, einer Änderung des Verteilungsschlüssels zuzustimmen. Die Änderung der Gemeinschaftsordnung kann - wie vom BGH wiederholt entschieden - grundsätzlich nur im Wege der Vereinbarung erfolgen; verweigert ein Miteigentümer seine Zustimmung, kann sie nur durch Richterspruch ersetzt werden. Soweit für den Anspruch auf Änderung desGründungsaktes der unbillige Verteilungsschlüssel für einen längeren Zeitraum weiter zur Anwendung kommen müsste, ließe sich dem durch die Möglichkeit einer vorläufigen Regelung durch einstweilige gerichtliche Anordnung abhelfen.

3. § 29 Deutsches Richtergesetz (DRiG) ist dahin auszulegen, dass zwei nicht planmäßige Richter bei einer Entscheidung des Landgerichts nur mitwirken dürfen, wenn hierfür eine sachliche Notwendigkeit besteht; dies ist sowohl vom Präsidium bei der Verteilung der Richter als auch vom Vorsitzenden bei der Einteilung der Sitzungsgruppen zu beachten (vorliegend hatte die Rüge nicht richtiger Besetzung der Kammer Erfolg, so dass die Sache unter Aufhebung der bisherigen landgerichtlichen Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen wurde, bei Geschäftswertansatz für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Höhe von 310.000 DM).

 

Link zur Entscheidung

( BGH, Beschluss vom 13.07.1995, V ZB 6/94= WE 12/1995, 371 = ZMR 10/95, 483)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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