Normenkette

§ 10 WEG, § 23 Abs. 4 WEG

 

Kommentar

Der in der Gemeinschaftsordnung festgelegte Kostenverteilungsschlüssel kann nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer geändert werden, wenn die Gemeinschaftsordnung selbst eine Abänderung durch Mehrheitsbeschluss nicht vorsieht. Im vorliegenden Fall wurden durch Mehrheitsbeschluss Penthousewohnungseigentümern als Inhabern von Sondernutzungsrechten an über ihren Wohnungen gelegenen Spitzböden, die sie teilweise zu Wohnzwecken ausgebaut hatten, höhere Kosten durch Umstellung des vereinbarten Verteilungsschlüssels von einer Miteigentumsquoten- in eine qm-Wohnflächenverteilung bzw. über neue fiktive Miteigentumsquoten auferlegt. Auf Anfechtung dieser Eigentümer hin wurde der Mehrheitsbeschluss für ungültig erklärt.

Ein Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen und Beschlüssen komme i. ü. nur in Betracht, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an der getroffenen Regelung als grob unbillig und damit als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen (vorliegend nicht; die Berechnung der Miteigentumsanteile und die darauf beruhende Kostenverteilung seien nicht allein deswegen grob unbillig, weil die Spitzböden nicht einbezogen worden seien). Die anderen Eigentümer hätten auch der Einräumung der Sondernutzungsrechte an den Spitzböden zugestimmt, ohne auf die Vereinbarung einer Nutzungsbeschränkung oder einer Änderung des Verteilungsschlüssel bedacht gewesen zu sein. Hinzu komme, dass die Spitzböden der Antragsteller kein vollwertiger Wohnraum seien, sodass keine Verpflichtung bestehe, einer Kostenverteilungsänderung zuzustimmen.

Selbst der Anfechtung eines gegen das Allstimmigkeitsgebot möglicher Vereinbarungsänderungen verstoßenden Mehrheitsbeschlusses könne nicht entgegengehalten werden, dass der Anfechtende verpflichtet sei, einer beschlossenen Änderung zuzustimmen. Selbst wenn ein solcher Anspruch bestünde, könnte er im Verfahren der Beschlussanfechtung nicht im Wege der Einrede geltend gemacht werden. Ein entsprechender Verpflichtungsverfahrensantrag sei jedoch im vorliegenden Anfechtungsverfahren nicht gestellt worden; er hätte auch nicht im Wege der Auslegung der Beschlussanfechtung entnommen werden können.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 28.06.1990, BReg 1 b Z 35/89= WE 10/91, 288)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Im vorliegenden Fall hatten offensichtlich die Miteigentümer bei ihrer Zustimmung zum Ausbau von sondergenutzten Spitzböden zu Wohnzwecken übersehen, ihre Zustimmung von der Änderung des Verteilungsschlüssels abhängig zu machen. Für mich kann allerdings keine Frage darüber bestehen, dass im Fall nachträglicher Genehmigung von Speicher- oder Spitzbodennutzungen zu Wohnzwecken (auch bei Überlassung dieser Räume "nur" zur Sondernutzung) ursprüngliche Kostenverteilungsvereinbarungen im Regelfall nicht mehr den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Allerdings müssten hier sehr rasch entsprechende Verpflichtungsanträge nach § 242 BGB zumindest auf fiktive Quotenänderung für die Kostenverteilung oder eine geänderte Kostenverteilung unter Berücksichtigung tatsächlich neugeschaffener Wohnflächen, d. h. auf entsprechende Änderungszustimmung gestellt werden. Über Grundsätze von Treu und Glauben müsste m. E. in solchen und ähnlichen Fällen Verpflichtungsanträgen stattgegeben werden (wesentliche Veränderung der bisherigen Tatumstände und der anfänglichen Kostenverteilungsvereinbarungen). In einem ausschließlichen Beschlussanfechtungsantrag liegt natürlich nicht ein solcher Zustimmungsverpflichtungsantrag.

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