Leitsatz

  1. Gewährleistungshaftung des Veräußerers einer umgewandelten Wohnung eines Altbaus mit vertraglich geschuldeten Umbaumaßnahmen (hier: Terrassendurchfeuchtungsschäden); Mängelhaftung an der Altbausubstanz nach Werkvertrags- oder Kaufrecht?
  2. Arglistvorwurf im Kaufrecht bei Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels durch den Verkäufer
 

Normenkette

§§ 133, 157, 123, 195, 280, 281, 434, 444, 437, 438, 305 c BGB n.F.; §§ 459, 463, 476 BGB a. F.; Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB; § 256 ZPO

 

Kommentar

  1. Auf die vertraglichen Beziehungen einer Klägerseite war altes Schuldrecht (Geltung bis 31.12.2002) anwendbar, auf die andere Klägerseite bereits das Schuldrecht nach Neufassung des BGB. Eingeklagte Vorschussforderungen hinsichtlich der Mängelbeseitigungskosten bezüglich des Gemeinschaftseigentums wären nur begründet gewesen, wenn Werkvertragsrecht – wie nicht – anwendbar gewesen wäre.

    Bei Veräußerung einer Altbauwohnung besteht eine werkvertragliche Gewährleistungspflicht des Verkäufers nur insoweit, als er Herstellungspflichten übernommen hat, d.h. für Mängel im Bereich ausgeführter Umbauarbeiten. Was die von Umbauarbeiten nicht berührte Altbausubstanz betrifft, erstreckt sich die Gewährleistungshaftung nach Werkvertragsrecht auf die Altbausubstanz nur dann, wenn die vertraglich übernommenen Bauleistungen ein derartiges Ausmaß erreichen, dass sie nach Umfang und Bedeutung, Neubauarbeiten vergleichbar sind (BGH, NJW 2005, 1115; ebenso BGH, BauR 2006, 99 u. BauR 2007, 1407 u. 1036). Übernommene bauliche Maßnahmen müssen danach die gesamte geschuldete Leistung prägen, um eine uneingeschränkte Anwendung werkvertraglicher Regelungen zu rechtfertigen. Dagegen genügt es nicht, wenn die versprochenen Baumaßnahmen lediglich punktuelle Eingriffe in die Altbausubstanz mit sich bringen.

    Vorliegend hat die beklagte Verkäuferseite keine Grundsanierung der gesamten Gebäudesubstanz zugesagt und somit auch keine weitergehende, die Grundsanierung der gesamten Eigentumsanlage umfassende Herstellungsverpflichtung übernommen. Dies ergibt sich aus der Auslegung der vertraglichen Willenserklärungen nach den §§ 133, 157 BGB. Insoweit ist auf das Verständnis aus Sicht des Empfängerhorizonts abzustellen, also einem Verständnis, zu dem man gelangt, wenn man die abgegebene Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit prüft. Dabei muss nicht nur die Vertragsurkunde hinsichtlich des Umfangs von Herstellungsleistungen berücksichtigt werden. Einzubeziehen sind auch die Gesamtumstände, die zum Vertragsschluss geführt haben (BGH, NJW 2005, 1115). Auch Angaben in einem Makler-Exposé können durchaus für eine solche Auslegung herangezogen werden (BGH, BauR 2007, 1407). Vorliegend war auch keine generelle Erfolgshaftung hinsichtlich der Altbausubstanz vereinbart, sodass auch für die Anwendung der Unklarheitenregelung in § 305c BGB n.F. kein Raum bestand. Die hier getroffenen Herstellungspflichten hatten bei weitem nicht das Gewicht, welches Neubauarbeiten zukommt. Von einem Leistungsversprechen der Sanierung wesentlicher Bereiche der für den Bestand des Gebäudes bedeutsamen Teile gab es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es wurde auch nicht die Käufererwartung begründet, dass die Altbausubstanz einer grundlegenden Prüfung durch den Verkäufer unterzogen worden sei (anders die Umbauentscheidung mit Aufstockung zweier Geschosse nach BGH, BauR 2007, 1407). Die Neuherstellung betraf hier lediglich punktuelle Eingriffe in den Altbau (weitgehend Maßnahmen der Inneneinrichtung).

  2. Kaufrechtliche Gewährleistungsbestimmungen sehen i. Ü. weder für das neue noch das alte Recht Mängelbeseitigungsvorschusspflichten eines Veräußerers vor, wie hier in den Hauptanträgen beantragt. Die Anwendung von Werkvertragsrecht war für die betroffenen Mängel (in der Altbausubstanz) ausgeschlossen.

    Auch als Schadensersatzklage können die Hauptanträge nicht behandelt werden, da Vorschussklage und Schadensersatzklage unterschiedlicheStreitgegenstände besitzen, die allein von einer Klagepartei bestimmt und nur von dieser auch geändert werden können (BGH, BauR 1998, 369; OLG Dresden, NJW-RR 2000, 1337; OLG Düsseldorf, BauR 2004, 1813; a.A. OLG Brandenburg, NJW-RR 2001, 386).

  3. Zulässig war jedoch der als Hilfsantrag vom Kläger gestellte Feststellungsantrag (§ 256 ZPO). Eine Feststellungsklage ist nach h.M. bei einem Schadensersatzanspruch stets zulässig, wenn der anspruchsbegründende Sachverhalt noch in der Entwicklung ist, und zwar unabhängig davon, ob ein Teil des Schadens bereits bezifferbar wäre (BGH, NJW 1984, 1552; VersR 1991, 788).

    Vorliegend war der Schadensersatzanspruch nach Vertrag aus Kaufrecht gem. § 437 Nr. 3 BGB n.F. begründet, da bei Übergabe der Wohnungen von mangelhaftem Gemeinschaftseigentum im Sinne des § 434 BGB n.F. auszugehen war. Insoweit ist die Haftung der beklagten Verkäuferseite nicht aufgrund des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses in notariellem Kaufvertrag ausgeschlossen (Unwirksamkeit nach § 444 BGB n.F. be...

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