Rz. 74

Die Berechnung der Ausgleichsrente richtet sich im Grundsatz nach denselben Regeln wie der Versorgungsausgleich bei der Scheidung.

 

Rz. 75

Für die Bestimmung des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts sind dieselben Kriterien maßgebend wie beim Ausgleich bei der Scheidung: Es kommt darauf an, ob das Anrecht in der Ehezeit erworben wurde (siehe dazu § 4 Rdn 61 ff.). Auszugleichen ist die Hälfte des Ehezeitanteils (§ 1 VersAusglG, zum Ehezeitprinzip siehe oben § 4 Rdn 61 ff.). Dessen Wert ist – soweit möglich – durch unmittelbare Bewertung und bei Unmöglichkeit der unmittelbaren Bewertung zeitratierlich[26] zu bestimmen (vgl. §§ 39 ff. VersAusglG, siehe dazu § 6 Rdn 16 ff.). Wenn beides nicht möglich ist, ist nach Billigkeit zu bewerten.

 

Rz. 76

Die Ausgleichswerte der Anrechte sind genauso zu bestimmen, wie beim Ausgleich bei der Scheidung. Eine Ausnahme besteht allerdings in Bezug auf die Darstellung des Ausgleichswerts. Normalerweise ist dieser in der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße anzugeben, insb. also in Entgeltpunkten, Rentenbeträgen oder Kapitalwerten (§ 5 Abs. 1 Vers­AusglG). Beim Wertausgleich nach der Scheidung werden jedoch im Regelfall bereits laufende Renten gezahlt. Deswegen ist in Verfahren über Ausgleichsansprüche nach der Scheidung grds. nur der Rentenbetrag zu berechnen (§ 5 Abs. 4 Satz 1 VersAusglG).

 

Rz. 77

Welche Werte ausgeglichen werden, richtet sich grds. nach dem Ende der Ehezeit. Rechtliche und tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf das Ende der Ehezeit zurückwirken, sind aber zu berücksichtigen, soweit es sich um allgemeine Wertveränderungen handelt (§ 5 Abs. 4 Satz 2 VersAusglG). Maßgebend ist insoweit das Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Scheidungssache, wenn die Eheleute bereits zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für den schuldrechtlichen Ausgleich erfüllen. Handelt es sich um einen Wertausgleich nach der Scheidung, der erst nach dem Scheidungsverfahren durchgeführt wird, kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über diesen an.

 

Rz. 78

Entscheidend für die Berücksichtigung ist, ob eine Wertveränderung eines Anrechts zwischen der Scheidung und der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung eine allgemeine ist (in diesem Fall ist sie zu berücksichtigen) oder nicht. Allgemeine Wertanpassungen können betreffen:

die Anpassung des Anrechts an die wirtschaftliche Entwicklung (Dynamisierung),[27]
die Anpassung der aktuellen Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung,
die Anpassungen der Beamtenversorgung nach dem Ende der Ehezeit, soweit diese in festen Beträgen ausgedrückt ist,[28]
die Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG,
die Erhöhung der Überschussanteile in der privaten Altersversorgung,
Wertänderungen des Anrechts, die diesem aufgrund der Versorgungsanordnung schon latent innegewohnt haben (Streichung von Ausbildungszeiten, Verlängerung von Kindererziehungszeiten und Ähnliches),[29]
Wegfall von Versorgungen (durch Auflösung, Ausscheiden aus dem Betrieb, Insolvenz des Versorgungsträgers) – zu beachten ist, dass bei Auszahlung evtl. ein Anspruch auf Teilhabe an der Kapitalauszahlung nach § 22 VersAusglG entstanden sein kann (vgl. Rdn 103 ff.),[30]
Verringerung der Versorgung wegen vorzeitigen Ruhestands,
Veränderung des Zeit-Zeit-Verhältnisses zuungunsten des Ausgleichspflichtigen (§ 45 Abs. 2 VersAusglG).[31]
 

Rz. 79

Nicht erfasst werden dagegen nicht vorhersehbare Veränderungen ohne Ehezeitbezug, wie etwa

die Erhöhung einer Versorgungszusage durch eine nacheheliche Vereinbarung,[32]
Erhöhungen aufgrund eines Karrieresprungs,[33]
Erhöhungen wegen Wiederverheiratung.[34]
 

Rz. 80

Bei der Ermittlung, welcher Rentenbetrag dem Ausgleichswert entspricht, ist vom tatsächlichen Zahlbetrag der Versorgung auszugehen. Ob und welche Werte das Gericht i.R.d. Wertausgleichs bei der Scheidung insofern ermittelt hatte, ist irrelevant. Zur Ermittlung können v.a. auch die Rentenbescheide der Versorgungen herangezogen werden. Das ist besonders dann wichtig, wenn es sich um ausländische, überstaatliche oder zwischenstaatliche Versorgungen handelt, weil die Versorgungsträger in diesen Fällen nicht verpflichtet werden können, die Angaben nach § 5 Vers­AusglG zu erteilen.[35]

 

Rz. 81

Für die Ermittlung der Ausgleichsrente wird auf den Nettobetrag der Versorgung nach Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge, v.a. der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, abgestellt (§ 20 Abs. 1 VersAusglG); die Rechtslage hat sich insofern ggü. dem früheren Rechtszustand geändert: Es gilt insoweit das Netto- und nicht mehr das Bruttoprinzip.[36] Bedeutsam ist das in erster Linie bei Betriebsrenten, wenn der Ausgleichspflichtige auf die Betriebsrente den vollen Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung abzuführen hat (vgl. § 248 SGB V).

 

Rz. 82

 

Beispiel

Beträgt der Ehezeitanteil der Bruttorente 1.000 EUR und der hierauf beruhende Ausgleichswert 500 EUR, errechnet sich ...

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