Rz. 110

Klageänderung, Widerklage und Aufrechnung sind in der Berufungsinstanz gem. § 533 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht gem. § 529 ZPO bei seiner Verhandlung und Entscheidung berücksichtigten muss. Derjenige, der diese Rechte in der Berufungsinstanz wahrnehmen will, muss sich mit den gesetzlichen Voraussetzungen ihrer Zulassung auseinandersetzen. In Bausachen kommt es häufig dann zur Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage, wenn Mängel Gegenstand des Rechtsstreits sind, und sich während des Prozesses daraus weitere Mangelschäden oder Mangelfolgeschäden ergeben, die in den Prozess einzuführen sind. Dies ist in aller Regel sachdienlich. Allein der Umstand, dass der Parteivortrag neue Beweiserhebungen notwendig macht, steht der Sachdienlichkeit nicht entgegen. Die Sachdienlichkeit ist nur dann zu verneinen, wenn ein völlig neuer Prozessstoff eingeführt wird.[162] Das ist aber nicht der Fall, wenn sich Klageänderung, Widerklage oder Aufrechnung auf den erstinstanzlichen Sachvortrag beziehen, darauf aufbauen und ergänzen. Änderungen des Klageantrags nach § 264 Nr. 1–3 ZPO sind auch in der Berufungsinstanz nicht als Klageänderung anzusehen, sodass § 533 ZPO auf sie keine Anwendung findet. Bloße Erhöhung der Klageforderung oder Wechsel vom Vorschuss- auf einen Kostenerstattungsanspruch sind daher nicht nach § 533 ZPO zu beurteilen.[163] Beruht allerdings die vorgenannte Änderung des Klageantrags auf neuem Sachvortrag, ist dessen Zulässigkeit gem. § 531 Abs. 2 ZPO mit der Berufungsbegründung darzulegen.

[163] BGH v. 26.11.2009 – VII ZR 133/08 – ZfBR 2010, 246.

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