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Eine anwaltliche Bauvoranfrage, wie im vorliegenden Fall, bietet sich insbesondere dort an, wo aufgrund informeller Vorgespräche mit der Bauaufsichtsbehörde oder der das Einvernehmen nach § 36 BauGB erteilenden Gemeinde die Genehmigungsfähigkeit streitig ist. Ist dies nicht von vornherein der Fall, dürfte es sich zur unproblematischen Abwicklung des Verfahrens eher anbieten, mit dem Bauherrn bzw. dessen Architekten die Fragen und deren planerische Begründung unter anwaltlicher Beratung vorzuformulieren.

Muster 9.1: Antrag auf Vorbescheid

 

Muster 9.1: Antrag auf Vorbescheid

An _____ (Landratsamt/Stadt/Große Kreisstadt)

Bauaufsichtsbehörde

_____

Betr.: Bauvorhaben der Fa. _____, _____ -Straße, Grundstück Flst. Nr. _____, Gemarkung _____

Wir vertreten die Fa. _____. Originalvollmacht liegt bei. Namens unserer Mandantin beantragen wir zu folgender Frage einen Vorbescheid gem. Art. 71 BayBO zu erlassen:

"Ist die Errichtung und Nutzung einer Wohnanlage, wie sie sich nach den beiliegenden Planunterlagen (siehe Anlagen 1) darstellt, nach § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig?"

Zum besseren Verständnis dürfen wir das Bauvorhaben erläutern und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 34 BauGB begründen:

I. Beschreibung des Bauvorhabens und des Umgebungsbestands

Das Baugrundstück liegt innerhalb des Ortsteils _____, dort nördlich der _____-Straße, unweit der Mündung in die _____-Straße. Es wurde bis vor einem Jahr als Erwerbsgärtnerei genutzt. Das Gelände ist derzeit zur Hälfte im westlichen Bereich mit Wirtschaftsgebäuden und Gewächshäusern der ehemaligen Gärtnerei bebaut. Auf der östlichen, an das freie Feld angrenzenden Hälfte standen bis vor einem Jahr ebenfalls ehemalige Wirtschaftsgebäude, die abgebrochen wurden.

1. Geplantes Bauvorhaben:

Gegenstand des Bauvorbescheidantrags ist, eine Wohnanlage mit 94 Eigentumswohnungen nebst Tiefgarage zu errichten. Hierbei wird sowohl besonderer Wert auf die äußere Gestaltung als auch auf die städtebauliche Verträglichkeit des Bauvorhabens gelegt.

Der individuelle Parkverkehr der Bewohner wird ohne direkte Beeinflussung des Quartiers von der erschließenden Stichstraße zur gemeinsamen Tiefgarage abgeleitet. Die Häuser werden mittels Schleusen mit der Tiefgarage verbunden. Die Stichstraße mit Anschluss zur _____-Straße ermöglicht eine autarke Erschließung des Quartiers für den Individualverkehr (mit Wendemöglichkeit) sowie für Rettungs- und Entsorgungsfahrzeuge. Dadurch entsteht ein im Wesentlichen verkehrsfreier, ruhiger Innenbereich mit Privatgärten und Sichtverbindung zu der angrenzenden Freifläche.

Art und Maß der baulichen Nutzung:

Wohnnutzung
GRZ = _____
GFZ = _____
Traufhöhe = _____ m
aufgelockerte Blockbebauung

2. Umgebungsbebauung:

Im Einzelnen herrscht in der Umgebung folgende Bebauung vor:

_____ (Beschreibung nach Art und Maß der baulichen Nutzung)

II. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

Das Baugrundstück liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 Abs. 1 BauGB.

1.

Ein Bebauungszusammenhang ist gegeben, soweit die aufeinander folgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt.

a)

Sowohl die bestehende Umgebungsbebauung als auch die Gebäude der Gärtnerei auf dem Baugrundstück begründen einen Bebauungszusammenhang.

Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der Bebauung sind nicht im Sinne eines harmonischen Gesamtbildes der Bebauung zu verstehen. Jede noch so unterschiedliche Bebauung stellt einen Bebauungszusammenhang dar und zwar einschließlich eventueller Fremdkörper (Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn 14; BVerwGE 75, 34). Daher sind unbebaute Grundstücke grundsätzlich keine Baulücken, sofern die Bebauung nicht im Hinblick auf die Größe des Grundstücks nur von völlig untergeordneter Bedeutung ist (Dürr, a.a.O.; BVerwGE 75, 34; BVerwG DVBl 1993, 111).

b) Vorsorglich sei bemerkt, dass der Abbruch eines Teils der auf dem Baugrundstück stehenden Wirtschaftsgebäude nichts am bestehenden Bebauungszusammenhang ändert. Auch die Beseitigung des letzten zum Bebauungszusammenhang gehörenden Gebäudes zum Zwecke der alsbaldigen Errichtung eines Ersatzbauwerks bewirkt nicht, dass das Grundstück seine Innenbereichsqualität einbüßt und zu einem Außenbereichsgrundstück wird (Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, § 34 Rn 5). Da der Abbruch der ehemaligen Gebäude auf dem östlichen Grundstücksteil erst ein Jahr zurückliegt, ist die alsbaldige Neubebauungsabsicht unzweifelhaft gegeben (vgl. BVerwG NJW 1982, 400 ff.).
c)

Das Baugrundstück liegt auch in Gänze im Innenbereich nach § 34 BauGB.

Die im vorliegenden Fall unbebaute Teilfläche ist nicht so groß, dass sie als "Außenbereichsinsel im Innenbereich" zu qualifizieren ist. Es handelt sich vielmehr um eine Baulücke.

Bei Baulücken handelt es sich um unbebaute Grundstücke innerhalb eines Bebauungszusammenhangs, die nach der Verkehrsanschauung Bauland sind und bei denen die umgebenden Grundstücke einen derartig prägenden Einfluss auf die...

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