Rz. 104

Es kann im Wesentlichen Bezug genommen werden auf III. (siehe Rn 81 ff.). Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 2 FamFG und Sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 2 FamFG sind allerdings Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Es gelten deshalb in Abweichung zu den Familienstreitsachen einige Besonderheiten.

 

Rz. 105

Für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG) erhält der Anwalt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 u. 2 VV RVG auf 0,8 ermäßigen kann. Der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG ist hier – anders als bei den Familienstreitsachen – unter den genannten Voraussetzungen ebenfalls anwendbar.

 

Rz. 106

Kommt es zu einem gerichtlichen Termin oder einer Besprechung der Beteiligten i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG, entsteht eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG.

 

Rz. 107

Strittig ist hier, ob in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs ausgelöst werden kann. Zum Teil wird dies mit der Begründung abgelehnt, in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit sei eine mündliche Verhandlung nicht vorgesehen, da in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht mündlich verhandelt, sondern erörtert werde (vgl. § 32 FamFG).[39] Nach zutreffender Ansicht muss man die Erörterung in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Verhandlung in den sonstigen Verfahren aber gleichstellen, sodass die Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG so zu verstehen ist, dass es sich um ein Verfahren handeln muss, in dem eine Erörterung vorgeschrieben ist. Dabei wiederum muss es ausreichen, dass das Gesetz davon spricht, es "solle" erörtert werden. Die gegenteilige Auffassung widerspricht dem Willen des Gesetzgebers, durch einen Gebührenanreiz eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren und eine Entlastung der Gerichte zu erreichen. Daher ist Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG in diesen Fällen entsprechend anzuwenden und eine Terminsgebühr zu gewähren.[40] Allerdings entspricht diese Vorgehensweise nicht der herrschenden Auffassung.

 

Rz. 108

Eine Ermäßigung der Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG kommt nicht in Betracht, da eine Versäumnisentscheidung in Amtsermittlungsverfahren nicht zulässig ist.

 

Rz. 109

Hinzukommen kann allerdings eine 1,0-, oder 1,3-, oder 1,5-Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1003, 1004 VV RVG im Falle einer Einigung. Werden weitere, nicht anhängige, Gegenstände in die Einigung mit einbezogen, entsteht insoweit unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG eine 1,5-Einigungsgebühr aus dem Mehrwert. Gleichzeitig erhöhen sich die Werte der Verfahrens- und Terminsgebühr.

 

Rz. 110

Einstweilige Anordnungen sind möglich. Der Arrest ist allerdings nur zulässig in Familienstreitsachen. (Wegen der Abrechnung im einstweiligen Anordnungs-, Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren siehe Rn 101–103.)

[39] OLG Rostock AGS 2011, 588; OLG Celle AGS 2011, 590 = MDR 2011, 1266 = NJW 2011, 3793 = JurBüro 2011, 641 = RVGreport 2012, 29; AG Koblenz FamRZ 2007, 233; OLG Koblenz AGS 2008, 339 = FamRZ 2008, 1971; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Nr. 3104 Rn 29.
[40] OLG Stuttgart AGS 2010, 586 = NJW 2010, 3524 = JurBüro 2010, 644 = MDR 2011, 200 = FamRZ 2011, 591 = RVGreport 2010, 420 = FF 2011, 219; OLG Schleswig AGS 2007, 502 = OLGR 2007, 475; N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn 405 ff; Keuter, NJW 2009, 2922; ebenso BGH zur vergleichbaren Lage im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH unter Berufung auf seine frühere Rechtsprechung zu den WEG-Verfahren a.F.

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