Rz. 21

Die Thematik der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beschäftigt insbesondere bei Alkoholproblematik die Gerichte und Straßenverkehrsbehörden. Wie bereits unter § 8 Rdn 4 angesprochen, stellen Begutachtungen im Zusammenhang mit Alkohol nach wie vor den größten Teil der angeordneten Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen dar. Die Anlage 4 zur FeV, Nr. 8, sowie die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung unter Ziffer 3.13 enthalten Aussagen über die Kraftfahreignung bei dem Vorliegen einer Alkoholproblematik.

I. Merkmale und Ursachen der Ungeeignetheit

1. Merkmale für die Ungeeignetheit aus Tat und Tathergang

 

Rz. 22

Als Tatmerkmale, die für Ungeeignetheit sprechen, sind zu nennen:

Höhe der Blutalkoholkonzentration,
Corpus Delicti, z.B. Straßenverkehrsgefährdung, Unfallflucht etc.,
Tageszeit der Tatbegehung.

2. Subjektive Merkmale als Symptome der Ungeeignetheit

 

Rz. 23

Als subjektive Merkmale und damit Symptome, die für Ungeeignetheit sprechen können, sind anzuführen:

Lebensalter,
Dauer des Besitzes der Fahrerlaubnis,
bisherige Verkehrsbewährung und/oder ggf. verkehrsrechtliche Vorbelastungen,
Verhaltenssymptome bei der Feststellung der Blutalkoholkonzentration und des Verhaltens.

3. Ursachen der Ungeeignetheit

 

Rz. 24

Neben den situationsbezogenen Merkmalen der Ungeeignetheit, und zwar geschlossen aus der Tat und den Tätermerkmalen, kommen zusätzliche Merkmale für Ursachen der Alkoholproblematik in Betracht. Hier sind zu nennen:

mangelndes Verantwortungsbewusstsein,
fehlende Kontrolle von Trinkgewohnheiten,
Labilität in der Persönlichkeit in bestimmter Lebenssituation,
qualifizierte Alkoholkrankheit und/oder -abhängigkeit.[27]
[27] Zu den vorstehend aufgeführten Aspekten vgl. ausführlich Bode/Winkler, § 3 Rn 134 ff.

II. Änderungen in den Eignungsvoraussetzungen

 

Rz. 25

Hat sich jemand als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erwiesen und ist zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Wiedererteilung zu prüfen, ob er seine Eignung wiedererlangt hat, so muss die Prüfung auch die Beurteilung von Änderungen in den Eignungsvoraussetzungen einschließen.

 

Rz. 26

Die Bedeutung von Veränderungen in den Eignungsvoraussetzungen bei der zu treffenden Entscheidung über die Eignung muss im Zusammenhang mit dem konkreten Anlass der Eignungsprüfung gesehen werden. In Betracht kommt eine erneute Eignungsprüfung nach vorangegangener Verneinung der Eignung, z.B. beim Ersterwerb oder bei der Fahrerlaubnis auf Probe. Auch bei der Eignungsprüfung aufgrund von Maßnahmen nach dem Punktesystem kann ins Gewicht fallen, ob die Voraussetzungen, die zu den Verkehrsverstößen und damit zu den Eintragungen im Fahreignungsregister geführt haben, sich geändert haben, z.B. eine berufliche Veränderung eines Führerscheininhabers, etwa im Falle eines Berufskraftfahrers, der stets unter dem Stress beruflicher Belastung gearbeitet hatte und nunmehr nicht mehr beruflich mit dem Auto ständig unterwegs ist. Insbesondere bei der Eignungsprüfung im Falle der beantragten Wiedererteilung einer entzogenen Fahrerlaubnis kommt dem Aspekt der Änderungen in den Eignungsvoraussetzungen, speziell bei einer vorangegangenen Alkoholtat, eine große Bedeutung zu.

1. Konkrete Veränderungen der Lebenssituation und Lebensführung

 

Rz. 27

Bei der (Neu-)Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind konkrete Änderungen der Lebenssituation und Lebensführung, die auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen Einfluss haben können, zu berücksichtigen.

 

Rz. 28

Nach Bode/Winkler können dies verschiedene Umstände sein, z.B.

Stress,
Belastung,
Ermüdung,
Krankheit,
berauschende Mittel,
Alkohol.[28]

Bei der (Neu-)Erteilung der Fahrerlaubnis besteht keine Eignungsvermutung, d.h. die Erteilung der Fahrerlaubnis ist zu versagen, wenn die Eignung nicht positiv festgestellt werden kann.[29]

 

Rz. 29

Stress, Belastungen oder Überforderungen können dazu führen, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit eines Fahrzeugführers überschritten und Verkehrssituationen nicht richtig beurteilt bzw. gemeistert werden. Zu denken wäre z.B. an die Situation des Auslieferungsfahrers, der ständig in dem Konflikt, schnell Waren auszuliefern einerseits und keine Verkehrsbehinderungen beim Ladevorgang zu verursachen andererseits, in Stress gerät und schließlich – um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren – die Interessen des Arbeitgebers als wichtiger bewertet als ein verkehrsgerechtes Verhalten. Diesem so belasteten Kraftfahrer kann es passieren, dass er wegen häufiger Verkehrsbehinderungen auffällig wird durch hohe Punkteintragungen im Fahreignungsregister. Ändert sich die berufliche Situation für diesen Auslieferungsfahrer, so kann dieser Umstand einen wichtigen Aspekt darstellen, der die durch sein früheres Verhalten indizierte Ungeeignetheit wieder aufhebt.

 

Rz. 30

Auch Ermüdung führt zu einem Absinken der Leistungsfähigkeit.[30] Eine ständige, evtl. berufsbedingte Überlastung führt zur Übermüdung. Diese Situation, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beeinflusst, kann sich ändern, wenn die zur Übermüdung führenden Umstände ausgeräumt werden entweder durch bessere Zeit- und Terminplanung oder durch eine Änderung der persönlichen oder beruflichen Situation.

 

Rz. 31

Auch krankheitsbedingte Einschränkungen der Eignung zum Führen von Kraftfa...

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