Rz. 125
Kann der Schuldner die Beweisführung für seine Einreden nicht seinerseits mit Urkunden oder dem Antrag auf Parteivernehmung führen, so ist es zur Wahrung seiner Rechte erforderlich, dass er dem im Urkundenprozess geltend gemachten Anspruch "widerspricht".[141]
Rz. 126
In diesem Fall muss das Gericht nach § 599 Abs. 1 ZPO dem Beklagten die "Ausführung seiner Rechte" im Urteil vorbehalten.
Rz. 127
Ein Widerspruch muss dabei nicht ausdrücklich erklärt werden. Vielmehr ist jedes Verhalten ausreichend, das erkennen lässt, dass der im Urkundenprozess geltend gemachte Anspruch für unberechtigt gehalten wird, so der Klageabweisungsantrag[142] oder die Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht.[143] Einer besonderen Begründung bedarf es nicht. Allerdings sollte sich ein Bevollmächtigter regelmäßig nicht auf die Auslegung durch das Gericht verlassen, sondern sich eindeutig erklären.
Rz. 128
Hinweis
Fehlt es trotz Widerspruchs an einem solchen Vorbehalt im Urteil, kann der Beklagte nach § 599 Abs. 2 i.V.m. § 321 ZPO die Ergänzung des Urteils verlangen.[144] Beachtet werden muss dabei, dass der Antrag auf Ergänzung des Urteils nach § 321 Abs. 2 ZPO binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Urteils schriftlich gestellt werden muss.[145] Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO ist dabei möglich.[146]
Rz. 129
Tipp
Ist die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO, nicht aber die Berufungsfrist verstrichen und kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Frage, so kann der Beklagte auch Berufung gegen das Urteil mit dem Antrag einlegen, ihm seine Rechte für das Nachverfahren vorzubehalten.[147]
Rz. 130
Der Beklagte ist auch berechtigt, den Klageanspruch unverzüglich anzuerkennen und sich zugleich seine Rechte für das Nachverfahren vorzubehalten. Die Kostenfolge des § 93 ZPO wird durch ein solches Anerkenntnis allerdings nicht ausgelöst, weil sich aus dem Vorbehalt seine fehlende Leistungsbereitschaft und damit der Anlass für die Klageerhebung ergibt. Die Kosten sind daher nur dann dem Kläger aufzuerlegen, wenn der Beklagte den Klageanspruch vorbehaltlos anerkennt und er zuvor keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Allerdings hindert ein solches Anerkenntnisurteil nicht die Privilegierung hinsichtlich der Gerichtsgebühren nach Nr. 1211 KVGKG.[148]
Rz. 131
Hinweis
Ein "sofortiges" Anerkenntnis im Nachverfahren ist daher nicht mehr möglich.[149]
Rz. 132
Durch das Anerkenntnis unter gleichzeitigem Vorbehalt aller Rechte für das Nachverfahren wird der Beklagte nicht gehindert, alle seine Einwendungen im Nachverfahren geltend zu machen. Dies gilt auch für die Verjährungseinrede.[150]
Rz. 133
Der Beklagte kann sich aber auch in der Sache verteidigen und Einwendungen erheben, die den geltend gemachten Anspruch vorübergehend oder dauerhaft zu Fall bringen. Das Gericht muss sich mit diesem Vorbringen auch auseinandersetzen.
Rz. 134
Soweit es das Vorbringen als unerheblich erachtet, ist dies – ungeachtet der Frage, ob dieses durch Urkunden belegt ist – als solches zurückzuweisen. Dies entfaltet dann auch für das Nachverfahren Bindungswirkung.[151]
Rz. 135
Hinweis
Im Hinblick auf diese erheblichen Auswirkungen des Klageerwiderungsvorbringens muss auf dessen absolute Schlüssigkeit und Erheblichkeit geachtet werden. Der Rechtsanwalt sollte hier auf jeden Fall um einen dokumentierten Hinweis nach § 139 ZPO bitten, wenn das Gericht den Vortrag als für in der Sache nicht erheblich erachtet.
Rz. 136
Der Vorbehalt bewirkt sodann nach § 600 Abs. 1 ZPO, dass der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren anhängig bleibt.
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