Leitsatz (amtlich)

1. Der Übergang vom Vorbehaltsverfahren in das Nachverfahren vollzieht sich auch bei nachfolgendem Nichtbetreiben des Rechtsstreits mit dem Erlass des Vorbehaltsurteils. Ein anschließender Verzicht des Beklagten auf die Durchführung des Nachverfahrens beseitigt das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht.

2. Ein erst im Nachverfahren erklärtes Anerkenntnis ist kein sofortiges i.S.d. § 93 ZPO.

 

Normenkette

ZPO §§ 93, 99 Abs. 2, § 600 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-17 O 20/96)

 

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagten nach Erwirken eines Vorbehaltsurteils vom 10.1.1997 nunmehr im Nachverfahren auf Zahlung von Teilbeträgen aus selbstschuldnerischen Bürgschaften i.H.v. je 1.000.000 DM (= 511.291,88 EUR) in Anspruch. Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Teilversäumnis- und Teilurteils vom 6.9.2005 verwiesen.

Das LG hat das Vorbehaltsurteil gegen den Beklagten zu 2) durch Anerkenntnisurteil vom 25.10.2005, ihm zugestellt am 8.11.2005, mit welchem über seinen Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil vom 6.9.2005 gegen ihn entschieden wurde, für vorbehaltlos erklärt. Hinsichtlich des Beklagten zu 2) hat das Gericht eine Erledigung der Hauptsache i.H.v. 200.000 DM (= 102.258,38 EUR) festgestellt.

Das LG hat zur Begründung für die Kostenentscheidung ausgeführt, hinsichtlich des Beklagten zu 2) liege ein sofortiges Anerkenntnis nicht vor, da er bereits vom Aufruf des Nachverfahrens an Partei des einheitlichen Rechtsstreits gewesen sei.

Der Beklagte zu 2) wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils. Er ist der Ansicht, er sei nicht Partei des Nachverfahrens geworden, so dass ein Versäumnisurteil gegen ihn nicht habe ergehen dürfen. In das Nachverfahren sei der Prozess erst auf den entsprechenden Antrag des Beklagten zu 1) übergegangen. Aufgrund der Dispositionsmaxime habe es ihm freigestanden, das Nachverfahren unabhängig von dem entsprechenden Antrag des Beklagten zu 1), den Frau Rechtsanwältin ... allein für diesen selbst gestellt habe, durchzuführen oder nicht. Sein Mandat an sie sei damals infolge der Erledigung des Auftrags bereits beendet und ihre Vollmacht mithin erloschen gewesen. Mit der Einspruchsbegründung mit Schriftsatz vom 29.9.2005 habe er konkludent zum Ausdruck gebracht, dass er den Klageanspruch gemäß dem rechtskräftigen Vorbehaltsurteil anerkenne und ein Nachverfahren nicht beabsichtige.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte zu 2) sei spätestens mit dem Anerkenntnis der Klageforderung in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2005 Prozessbeteiligter des Nachverfahrens geworden.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2), die er mit Schriftsatz vom 21.11.2005, bei Gericht eingegangen am 22.11.2005, gemeinsam mit seiner zwischenzeitlich zurückgenommenen Berufung hilfsweise eingelegt hatte, ist zulässig (§§ 99 Abs. 2, 511 Abs. 2 Nr. 1, 567 ff., 569 Abs. 1 S. 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht begründet.

Der Beklagte zu 2) hat die Kosten des Nachverfahrens zu tragen, soweit sie ihn betreffen, einschließlich der durch seine Säumnis im Termin vom 6.9.2005 entstandenen Kosten, zu dem er ordnungsgemäß über seine damalige Prozessbevollmächtigte geladen war (Blatt 324 der Akte) (§§ 91 Abs. 1, 91a, 344 ZPO).

Das Anerkenntnisurteil vom 25.10.2005 ist in gesetzmäßiger Weise ergangen. Der Beklagte zu 2) ist gleichfalls Partei des Nachverfahrens geworden. Das Nachverfahren ist die Fortsetzung des Vorbehaltsverfahrens und bildet mit ihm eine Einheit. Der Übergang in das Nachverfahren vollzieht sich mit dem Erlass des Vorbehaltsurteil, ohne dass es einer hierauf gerichteten Parteihandlung bedarf (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 600, Rz. 1, 8 m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass das Verfahren tatsächlich zunächst weder von einer Partei noch von Seiten des Gerichts betrieben, sondern sogar die Akte vernichtet wurde. Es handelte sich um einen tatsächlich bedingten Stillstand des Nachverfahrens infolge Nichtbetreibens, bei dem lediglich nicht auch das Ruhen des Verfahrens (§ 251 ZPO) angeordnet wurde.

Da der Beklagte zu 2) das Nachverfahren selbst nicht durchführen, sondern das Vorbehaltsurteil annehmen wollte, hatte er prozessual grundsätzlich nur die Möglichkeit, den Klageanspruch im Nachverfahren anzuerkennen. Ein Verzicht auf die Durchführung des Nachverfahrens hätte nicht zur Folge gehabt, dass der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Nachverfahrens auch gegen den Beklagten zu 2) gefehlt hätte (vgl. hierzu Zöller/Greger, a.a.O., Vor § 253, Rz. 18 ff.). Zwar war die Durchführung des Nachverfahrens für die Klägerin grundsätzlich nicht erforderlich, da das Vorbehaltsurteil für die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen ist (§ 599 Abs. 3 ZPO). Ein Verzicht des Beklagten zu 2) auf die Durchführung des Nachverfahrens könnte darin gesehen werden, dass die ihn seinerzeit noch vertretene Prozessbevollmächtigte Anträge und sonstige Erklärungen nur für den Beklagten...

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