Rz. 51

Das Arbeitsschutzrecht ist von seiner Intention auf eine Verbesserung der Arbeitssituation der Beschäftigten ausgerichtet. Um diesen gesetzlichen Ansatz in der betrieblichen Praxis durchsetzen zu können, sind die Beschäftigten nach dem ArbSchG mit folgenden Rechten ausgestattet worden:

Ergreifen von geeigneten Eigenmaßnahmen zur Gefahrenabwehr und Schadensbegrenzung bei unmittelbarer Gefahr für sich und andere, § 9 Abs. 2
Unterrichtung durch den Arbeitgeber über erhebliche Gefahrenquellen, § 9 Abs. 2
Verlassen dürfen des Arbeitsplatzes bei erheblicher unmittelbarer Gefahr, § 9 Abs. 2
Arbeitsmedizinische Untersuchungen bei Gesundheitsgefährdungen, § 11
Unterweisung über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit, § 12 Abs. 1
Vorschlagsrecht zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes, § 17 Abs. 1
Beschwerderecht beim Arbeitgeber sowie bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde, d.h. dem Gewerbeaufsichtsamt oder der Berufsgenossenschaft, § 17 Abs. 2.
 

Rz. 52

Hinzu kommen weitere Rechte:

Das Recht zur innerbetrieblichen Beschwerde: Nach §§ 84, 85 BetrVG können sich Arbeitnehmer, die sich vom Arbeitgeber oder anderen Arbeitnehmern benachteiligt, ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlen, bei der im Betrieb zuständigen Stelle oder beim Betriebsrat beschweren.

Gegenstand einer solchen Beschwerde können auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb, z.B. wenn es um Lärm, Gerüche, Vibrationen, Raumklima oder Immissionen, z.B. in Form von Strahlungen, geht, der Schutz der nichtrauchenden Arbeitnehmer im Betrieb,[32] ein unerträgliches Führungsverhalten, aber auch der betriebliche Umweltschutz sein, wenn dem Arbeitnehmer eine umweltrechtswidrige oder -problematische Tätigkeit zugewiesen wird oder er solche Praktiken in seinem betrieblichen Umfeld feststellt.[33]

Vom Beschwerderecht des Arbeitnehmers ebenfalls umfasst sind Änderungen in der Arbeitsorganisation, wie eine Vergrößerung des Arbeitspensums, eine Leistungsverdichtung durch zu schnellen Maschinenlauf oder die Einführung von Gruppenarbeit.[34]

Arbeitgeber bzw. Betriebsrat haben die Beschwerden entgegenzunehmen und nach Prüfung ihrer Berechtigung auf Abhilfe hinzuwirken, § 85 Abs. 1 BetrVG.

Dem Betriebsrat steht, wenn mit dem Arbeitgeber über die Berechtigung der Beschwerde Meinungsverschiedenheiten bestehen, das Druckmittel der Einigungsstelle gemäß § 76 BetrVG zur Verfügung. ­Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass dem Gegenstand der Beschwerde kein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers zugrunde liegt.[35] Liegt der Beschwerde des Arbeitnehmers ein rechtlicher Anspruch zu Grunde, ist die daraus erwachsende Streitigkeit allein von den Arbeitsgerichten zu entscheiden.

Das Recht auf arbeitsschutzgerechte Einrichtung und Unterhaltung von Räumen, Vorrichtungen oder Gerätschaften sowie auf entsprechende Organisation der Arbeit gem. § 618 Abs. 1 BGB. Bereits durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zur Einhaltung der meisten Vorschriften des technischen Arbeitsschutzes verpflichtet.
Neben dem vorstehenden Vorschlagsrecht aus § 17 Abs. 1 ArbSchG ergibt sich mittelbar aus dem Anhörungsrecht des § 82 Abs. 1 BetrVG ein weiteres. Danach hat der Arbeitnehmer das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, von den zuständigen Personen gehört zu werden. Bei dieser Anhörung können dem Arbeitgeber bzw. dessen Bevollmächtigten zugleich Vorschläge des Arbeitnehmers unterbreitet werden. Das Anhörungs- und Vorschlagsrecht des Arbeitnehmers betrifft alle Fragen der betrieblichen Organisation, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsplatzgestaltung, sofern ein zumindest mittelbarer Bezug des Anliegens des Arbeitnehmers zu seiner Tätigkeit oder Stellung im Betrieb vorliegt.[36] Eine Unterredung zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetztem kann sich auf die Arbeitszeit des Arbeitnehmers, die Gestaltung seines Arbeitsplatzes, eine Verbesserung des Betriebsablaufs, sowie auf Themen des betrieblichen Arbeitsschutzes oder Gesundheitsschutzes beziehen.[37]

Entsprechendes gilt nach § 86a BetrVG: Danach hat jeder Arbeitnehmer das Recht, dem Betriebsrat Themen zur Beratung vorzuschlagen. Inhalt des Vorschlags des Arbeitnehmers kann jedes Thema sein, mit dem sich der Betriebsrat im Rahmen seiner Zuständigkeit befassen kann.[38] Ein Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats muss nicht bestehen. Den Arbeitnehmer muss die von ihm vorgetragene Angelegenheit auch nicht persönlich betreffen.[39] Anders als im Rahmen der Beschwerde kann der Antrag des Arbeitnehmers sich auf Gegenstände beziehen, die den Betrieb allgemein betreffen oder einen Teil der Belegschaft berühren, der er nicht angehört.[40]

Wird ein Vorschlag von 5 % der Belegschaft unterstützt, hat der Betriebsrat innerhalb von zwei ­Monaten diesen Vorschlag auf seine Tagesordnung zu setzen und kann anschließend über sein ­Initiativrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG mit dem Arbeitgeber über den Vorschl...

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