Was das Arbeitsschutzgesetz bei Hitze vorschreibt

Es wird immer öfter immer heißer, aber am Arbeitsplatz bestehen selbst bei tropischem Klima kaum Rechte auf eine Auszeit. Allerdings gelten Fürsorgepflichten des Arbeitgebers: Er muss auf heißes Wetter reagieren, das ergibt sich aus dem Arbeitsschutzrecht, der Arbeitsstättenverordnung und der Fürsorgepflicht. Besondere Pflichten bestehen gegenüber Schwangeren und älteren Mitarbeitern und bei Arbeit unter freiem Himmel.

Eine vorgegebene Außentemperatur, die ein allgemeines Arbeitsrecht auf „hitzefrei“ nach sich zieht, gibt es nicht. Es gelten nur arbeitsplatzbezogene Werte und Fürsorgepflichten.

Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung bei Hitze

Allgemeine Forderungen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert die Arbeitsstättenregel "ASR A3.5 Raumtemperatur". Sie legt im Punkt 4.3 Abs. 2 fest,

  • dass die Lufttemperatur in Arbeits- und Sozialräumen +26 °C nicht überschreiten sollen,
  • anderenfalls sei der Raum mit geeig­neten Sonnenschutzsystemen auszurüsten.

Sinkt die Arbeitszeit mit steigender Temperatur?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber erst verpflichtet tätig zu werden, wenn die Lufttemperatur im Raum 30 °C übersteigt. Dann muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Belastung der Beschäftigten zu reduzieren.

Bei einem Temperaturanstieg auf über 35 °C ist der Raum als Arbeitsraum nicht mehr geeignet, hier ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers massiv tangiert, es sei denn, er ergreift Schutzmaßnahmen wie Luftduschen oder Entwärmungsphasen, wie sie bei Hitzearbeitsplätzen eingesetzt werden.

Die Gewerbeaufsichtsämter der Länder sind für entsprechende Kontrollen zuständig und können im Einzelfall verbindliche Anordnungen erlassen -  bis hin zum Stilllegen von Anlagen und Maschinen.

Im Bergbau werden zusätzliche bezahlte Pausen von 10 Minuten bei Effektivtemperaturen von mehr als 29 - 30°C und von 20 Minuten bei mehr als 30°C eingeräumt.

Thermometer vor blauem Himmel und Sonne

Dienstrecht im BGB und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei Hitze

In § 618 BGB ist geregelt, dass der Ar­beit­ge­ber Räu­me, Vor­rich­tun­gen oder Ge­rät­schaf­ten, die er zur Ver­rich­tung der Diens­te zu be­schaf­fen hat, so ein­zu­rich­ten und zu un­ter­hal­ten und Dienst­leis­tun­gen, die un­ter sei­ner An­ord­nung oder sei­ner Lei­tung vor­zu­neh­men sind, so zu re­geln, dass der Ar­beit­neh­mer ge­gen Ge­fahr für Le­ben und Ge­sund­heit ge­schützt ist. → 

Grundsätze zum Arbeitsrecht - was Führungskräfte wissen sollten 

Besondere Rücksicht ist auf schwangere Frauen und ältere Mitarbeiter zu nehmen.

Da die hohen Temperaturen auch die Arbeitsleistung nicht verbessern, sollten Arbeitgeber, auch jenseits der Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung, erwägen, Ventilatoren, Lüfter oder Klimageräte einzusetzen und dafür sorgen, dass den Mitarbeitern genügend Getränke wie Mineralwasser oder Fruchtsäfte zur Verfügung stehen.

Praktikabel ist oft die Vereinbarung, an heißen Tagen früher mit der Arbeit zu beginnen, um am Nachmittag die heiß gewordenen Räumlichkeiten früher verlassen und anderweitig Erfrischung suchen zu können.

Betriebsrat hat bei Hitze Mitbestimmungsrechte über eine Gefährdungsanalyse

In Betrieben mit Betriebsrat besteht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (Gefährdungsanalyse) ein Mitbestimmungs- und Initiativrecht über Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie zum Gesundheitsschutz.

Der Betriebsrat ist also bei "Affenhitze" gehalten, entsprechende Initiativvorschläge vorzulegen, indem er etwa verlangt, dass der Arbeitgeber mit ihm eine Betriebsvereinbarung abschließt, in der abhelfende Maßnahmen bei Hitzerekorden geregelt sind. Es besteht ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausfüllung konkreter Regelungen zum Schutz vor Sommerhitze, wenn der Arbeitgeber die Maßnahmen der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5 Raumtemperatur umsetzt.

Betriebsrat kann Maßnahmen gegen Hitze vor die Einigungsstelle bringen

Kommt der Betriebsrat mit seinen Vorschlägen zur Bekämpfung der Temperaturen in Arbeitsräumen beim Arbeitgeber nicht weiter, kann er das Thema auch vor die Einigungsstelle bringen (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 1.1.02013, 1 TaBV 33/13).

Die Arbeitsstättenverordnung i.V.m. mit der ASR A 3.5. verpflichtet den Arbeitgeber nur, beim Überschreiten der Raumtemperaturen (von 26, 30 und 35°) aktiv zu werden. Bestimmte Handlungspflichten sind aber nicht konkretisiert, deshalb bleibt Raum, um im Rahmen der Mitbestimmung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber die konkreten Maßnahmen zu regeln.

Der Betriebsrat kann also, wenn hier keine Einigung erzielt wird, beantragen, eine Einigungsstelle einzurichten, in der Betriebsrat und Arbeitgeber darüber verhandeln, welche Maßnahmen bei welcher Hitzebelastung in den Arbeitsräumen ergriffen werden müssen.

Kündigen statt zu kochen?

Die absolute individualarbeitsrechtliche ultima ratio schließlich ist die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis wegen der Raumtemperaturen außerordentlich zu kündigen, weil der Arbeitgeber seine Pflichten gegenüber dem Arbeitnehmer, dessen Gesundheit nicht zu gefährden, verletzt. Nicht ebene naheliegend, aber man sollte dieses Recht zumindest kennen, wie die Ausführungen weiter unten deutlich machen.

Sonderfall: Arbeit unter heißer Sonne als Gärtner, Bauarbeiter etc.

Gärtner, Bauarbeiter oder Dachdecker sind es gewohnt, bei fast jedem Wetter draußen zu arbeiten. Der Sommer ist eigentlich ihre Zeit. Die Tage sind lang. Das Wetter ist oft trocken und schön. Da kann eine ganze Menge weg gearbeitet werden. An langen, heißen Tagen kann man aber auch ganz schön ins Schwitzen kommen. Anders als bei schlechtem Wetter, gibt es auch für sie kein Hitzefrei. Trotzdem gilt auch hier, jenseits von Arbeitsräumen, die oben genannte Fürsorgepflicht (Pausen, Wasser).

Im Extremfall droht ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung

So unklar die Regelungen sind, die Konsequenzen können heftig sein. In Baden-Württemberg wurde ein Landwirt wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, ihm wurde vorgeworfen, schuld am Tod eines rumänischen Erntehelfers zu sein, weil er ihn im Sommer 2014 bei brütender Hitze ohne Pause und ohne Wasser zur Feldarbeit gezwungen habe, dieser, möglicherweise auch als Folge einer Vorerkrankung, zusammenbrach und nach 2 Wochen im Koma verstarb. Letztlich wurde das Verfahren, da der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden konnte, Anfang 2018 gegen Zahlung von 8000 EUR durch den Landwirt eingestellt. 

Wasserglas

Hilfe gegen Hitze

  • Durch das Arbeitsschutzgesetz hat der Arbeitgeber die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz durchzuführen.
  • Bestehende Gefahren müssen beseitigt oder entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
  • So muss der Arbeitgeber bei heißem Wetter seinen Arbeitnehmern ausreichend und kostenlos Getränke zur Verfügung stellen.
  • Und zumindest in der Pause müssen sie die Möglichkeit haben, sich an einem schattigen Platz erholen zu können. 

Arbeitszeit verlegen?

Je nach örtlicher Gegebenheit und nach entsprechenden Absprachen, sind auch andere Lösungen sind denkbar.

  • Vorstellbar ist es, die Arbeitszeiten in die frühen Morgenstunden zu verlegen. So etwa Bauarbeiten an einer Autobahn.
  • Nach einer langen Mittagspause kann dann wieder in den etwas kühleren und weniger Sonnenstrahlen intensiven Abendstunden gearbeitet werden. 

Hilfen jenseits des Arbeitsrechts?

Bei großer Hitze leiden vor allem Ältere, Menschen mit Venenerkrankungen oder niederem Blutdruck sowie mit Herz-Kreislaufproblemen. Der Körper stellt die Gefäße in der Haut weit, damit die Wärme abgeleitet werden kann und dadurch steht dem Kreislauf weniger Blut zur Verfügung um den Blutdruck aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grunde macht er häufig schlapp.

Hoch die Tassen

Das Trinken in großen Mengen, und zwar nicht Hefeweizen, sondern Mineralwasser, das Gebot der heißen Stunde ist, ist mittlerweile Allgemeingut. Und sonst?

  • Leichtes Essen schwer verdaulichen üppigen Mahlzeiten vorzuziehen, die den Kreislauf zusätzlich belasten, liegen ebenfalls nahe. 
  • Wichtig ist es auch, Salz- und Mineralstoffe zu ersetzen, die der Körper beim Schwitzen verliert, etwa durch Mineraldrinks.
  • Helle, luftige Kleidung aus Naturfasern vermeiden Hitzestaus im Körper, der außerdem nicht durch schwere körperliche Arbeit oder Sport zusätzlich belastet werden sollte.

Hitze aussperren, kühlen und den Kreislauf unterstützen

Die Hitze gilt es aus dem Büro auszusperren: Früh morgens lüften (lassen) und tagsüber die Jalousien schließen.

Schnelle Abkühlung bietet kaltes Wasser, dass man über die Innenseite der Handgelenke laufen lässt. Noch besser: ein kaltes Unterarmbad. Durch den Kältereiz werden die Gefäße wenigstens für kurze Zeit enger gestellt - der Kreislauf wird wieder gestärkt.

Den Kreislauf unterstützen

Besonders Frauen leiden oft an Venenschwäche die es bei Hitze schwerer machen das Blut zum Herzen zu pumpen. Sie sollten lange Sitz- und Stehphasen vermeiden, vielmehr möglichst zwischendurch herumlaufen und – wenn ohne Verletzung ihrer Arbeitspflichten möglich – ab und zu bei Gelegenheit die Beine hochzulegen. High Heels sollten sie meiden, sie sind Gift für geschwollene Beine.

Siehe zum Thema Fürsorgepflicht auch:

Fürsorgepflichten des Arbeitgebers zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers - eine Übersicht

Mobbing: Ursachen, typische Handlungen, Gegenmaßnahmen

Wer haftet bei einem Unfall?

Schlagworte zum Thema:  Recht, Fürsorgepflicht, Klimawandel