Rechtsansprüche gegen den Arbeitgeber bei Tod des Arbeitnehmers

Der Tod eines Arbeitnehmers ist regelmäßig eine Ausnahmesituation nicht nur für dessen Angehörige, sondern auch für seine Kollegen und den Arbeitgeber. Mit Blick auf das konkrete Arbeitsverhältnis und dessen weitere Abwicklung der Vergütungs- und Zahlungsansprüche wirft der Todesfall unterschiedliche Rechtsfragen auf.

Mit dem Tod des Arbeitnehmers endet auf Grund des höchstpersönlichen Charakters der Arbeitsleistung (§ 613 Satz 1 BGB) automatisch das Arbeitsverhältnis.

Welche konkreten Auswirkungen der Tod auf Vergütungs- und sonstige Zahlungsansprüche im Arbeitsverhältnis hat, hängt ganz wesentlich von den arbeitsvertraglichen Regelungen und den im Übrigen ggf. geltenden kollektivrechtlichen Bestimmungen ab.

Vergütungsansprüche im Todesfall

Wegen der mit dem Tod einhergehenden rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet grundsätzlich mit dem Todestag auch der Anspruch auf Vergütung. Die bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen (anteiligen) Vergütungsansprüche gehen im Todesfall auf die Erben über (§ 1922 BGB). Hierunter fallen, vorbehaltlich der Erfüllung ihrer sonstigen Anspruchsvoraussetzungen, grundsätzlich auch solche Vergütungsansprüche, die zwar bereits (anteilig) entstanden, aber noch nicht zur Zahlung fällig (§ 614 BGB) sind.

Zu entsprechenden Vergütungsansprüchen können daher neben der

  • laufenden monatlichen Vergütung insbesondere auch
  • (anteilige) jährliche Sonderzahlungen, wie etwa Urlaubs- oder Weihnachtsgeld,

gehören.

Sterbegeld im Todesfall

In kollektivrechtlichen Vereinbarungen, wie insbesondere in Tarifverträgen, oder auch in Arbeitsverträgen finden sich gelegentlich Regelungen, wonach vom Arbeitgeber an die Angehörigen eines verstorbenen Arbeitnehmers über den Todestag hinaus die Vergütung für den Sterbemonat oder ggf. auch noch für weitere Monate voll zu zahlen ist (Sterbegeld).

Anders als das Arbeitsentgelt, das der verstorbene Arbeitnehmer bis zum Todestag erarbeitet hat, ist das Sterbegeld – ungeachtet seiner lohnsteuerrechtlichen Beurteilung als Arbeitslohn – kein in der Sozialversicherung beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, weil es nicht als Gegenleistung für geleistete Arbeit gezahlt wird. Es unterliegt somit nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung.

Zuschüsse zu Beerdigungskosten des Arbeitnehmers

Gewährt der Arbeitgeber, wiederum z. B. auf Grund entsprechender arbeits- oder tarifvertraglicher Regelungen, Zuschüsse zu Beerdigungskosten, stellen diese – ungeachtet ihrer lohnsteuerrechtlichen Beurteilung als Arbeitslohn – ebenfalls kein in der Sozialversicherung beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar.

Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers

Kann Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

In der Vergangenheit vertrat das Bundesarbeitsgericht dabei die Auffassung, den Hinterbliebenen eines verstorbenen Arbeitnehmers stünde kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG zu, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers ende. Als höchstpersönlicher Anspruch, so das BAG seinerzeit, erlösche der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit dem Tod des betreffenden Arbeitnehmers. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer erst nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis versterbe, falle der entstandene Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 1922 BGB in den Nachlass (BAG v. 20.09.2011, 9 AZR 416/10).

Nach mehreren gegenläufigen Entscheidungen des EuGH in 2014 und 2018 vertritt auch das BAG seit 2019 nunmehr die Auffassung, den Erben eines im laufenden Arbeitsverhältnis verstorbenen Arbeitnehmers stehe nach § 1922 Abs. 1 BGB i. V. m. § 7 Abs. 4 BUrlG ein Anspruch auf Abgeltung des von diesem nicht genommenen gesetzlichen Erholungsurlaubes zu. Die nach dem europäischen Unionsrecht gebotene richtlinienkonforme Auslegung der §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG ergebe, dass der Resturlaub auch dann abzugelten sei, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers ende (BAG, Urteil v. 22.01.2019, 9 AZR 45/16).

Die Verpflichtung zur Abgeltung betrifft nach der vorgenannten Entscheidung des BAG ausdrücklich neben dem

  • gesetzlichen Mindesturlaub auch den
  • gesetzlichen Zusatzurlaub für Schwerbehinderte wie auch einen den
  • gesetzlichen Mindesturlaub übersteigenden tariflichen Mehrurlaub, sofern keine deutlichen Anhaltspunkte vorliegen, die gegen einen Gleichlauf des gesetzlichen Mindesturlaubs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub sprechen.

Auch wenn das BAG nichts ausdrücklich dazu erwähnt, was für einen ggf. arbeitsvertraglich vereinbarter Mehrurlaub gilt, dürfte dieser entsprechend dem tariflichen Mehrurlaub zu behandeln sein.

(→ Erben können sich Urlaubsansprüche auszahlen lassen)

Aus Arbeitgebersicht wird sich daher in der Praxis im Rahmen der Regelung des arbeitsvertraglichen Mehrurlaubs ein ausdrücklicher Ausschluss der Vererblichkeit empfehlen. Zudem können arbeitsvertraglich wirksam vereinbarte Ausschlussfristen einem Urlaubsabgeltungsanspruch entgegenstehen.

Urlaubsabgeltungen bei Tod eines Arbeitnehmers sind nach einem Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung (GKV-Spitzenverband) vom 29.08.2019 (Nr. 2019/4465) grundsätzlich Arbeitsentgelt und unterliegen der Sozialversicherung.

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Hintergrund: Wert- und Zeitguthaben bei Tod des Arbeitnehmers

Altersteilzeit: Verstirbt ein Arbeitnehmer, der sich in Altersteilzeit im Blockmodell befindet, während der Arbeitsphase oder während der arbeitsfreien Phase, geht das angesparte Wertguthaben als Arbeitsentgelt (§ 23b SGB IV) auf die Erben über und ist auszubezahlen. Diese auszuzahlenden Beträge werden auch in der Hinterbliebenenrente berücksichtigt (§ 70 Abs. 3 SGB VI).

Zeitguthaben: Stirbt ein Arbeitnehmer, haben die Erben Anspruch auf Auszahlung der sich aus dem angesparten Zeitguthaben ergebenden Lohnbestandteile. Die Lohnsteuer wird nach den Besteuerungsmerkmalen des Erben berechnet.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

Schlagworte zum Thema:  Todesfall, Arbeitnehmer