1. Erfüllung und Untergang

 

Rz. 61

Mit der Auskunftserteilung erlischt der Auskunftsanspruch. Hat der Auskunftsschuldner aber keine erfüllungstaugliche Handlung erbracht, weil er in unübersichtlicher und unzusammenhängender Form die Auskunft erteilt hat, besteht der Erfüllungsanspruch weiter.[128] Fehlt es in dem notariellen Nachlassverzeichnis offensichtlich an einer in dem der Auskunftserteilung zugrundeliegenden Titel ausdrücklich benannten Position, zu der sich der Auskunftsverpflichtete erklären soll, ist das notarielle Nachlassverzeichnis erkennbar unvollständig, Erfüllung liegt nicht vor.[129]

 

Rz. 62

Hat der Pflichtteilsberechtigte verlangt, zu der Erstellung des Verzeichnisses gem. § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB hinzugezogen zu werden, unterbleibt dies jedoch, kann er die erneute Aufnahme des Bestandsverzeichnisses verlangen.[130]

 

Rz. 63

Ansonsten besteht jedoch kein Anspruch auf Berichtigung oder Vervollständigung eines nicht vollständigen Bestandsverzeichnisses.[131] Selbst wenn Nachlassgegenstände vollständig oder zum Teil verkauft oder verteilt sind, steht dies einem Auskunftsanspruch nicht entgegen,[132] ebenso nicht, wenn der Schuldner vor Auskunftserteilung verstirbt. In letzterem Falle geht die Auskunftsverpflichtung auf dessen Erben über.

[130] OLG Bremen FamRZ 1997, 1437.
[131] BGH LM § 260 Nr. 1.
[132] OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1236, 1238.

2. Zurückbehaltungsrecht

 

Rz. 64

Stehen sich Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten und des Erben gegenüber, besteht kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB, da es nicht gegen Treu und Glauben verstößt, wenn der eine Auskunftsanspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und durchgesetzt wird.[133] Insbesondere entsteht kein wirtschaftlicher Nachteil für den auskunftsverpflichteten Erben. Wirtschaftliche Folgen treten erst im Zusammenhang mit dem auf die Auskunft folgenden Zahlungsverlangen ein. Sollten dem Erben bis dorthin keine Auskunft über ausgleichungspflichtige bzw. auf den Pflichtteil anzurechnende Vorempfänge des Pflichtteilsberechtigten vorliegen, schützen ihn die Vorschriften über den Verzug vor wirtschaftlichen Nachteilen.[134]

[133] BGH NJW 1978, 1157; RGZ 54, 137, 140; PalandtGrüneberg, § 273 Rn 16
[134] A.A. Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 94.

3. Verjährung

 

Rz. 65

Der Hauptanspruch selbst unterliegt mit Ausnahme des § 2329 BGB der allgemeinen Verjährung nach §§ 195, 199 BGB. Da nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB der Gläubiger auch von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangen muss, ist für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist erforderlich, dass er von einem Sachverhalt erfährt, der erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet, bzw. von jenen Tatsachen, aus denen der Anspruch herzuleiten ist. Fehlen in einem Nachlassverzeichnis einzelne oder mehrere Gegenstände, die nach § 2314 BGB anzugeben sind, beginnt die Verjährungsfrist des Hauptanspruchs und damit auch des Auskunftsanspruchs nicht zu laufen.[135] Trotz eingetretener Verjährung des Hauptanspruchs kann dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Auskunftsanspruch bestehen, wenn dieser benötigt wird, um einen Regressanspruch gegen einen Rechtsanwalt vorzubereiten, dem der Berechtigte das Verjährenlassen des Hauptanspruchs vorwirft.[136]

[135] Damrau, ZEV 2009, 274 ff., der darauf hinweist, dass auch schon vor Beginn der Erbrechtsreform der Verjährungsbeginn an das Bekanntwerden neu aufgetauchter Gegenstände geknüpft werden kann.

4. Rechtsmissbrauch

 

Rz. 66

Nur in besonderen Einzelfällen kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs oder der Schikane entgegenstehen, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist.[137] Eine Auskunft über wertbildende Faktoren muss dann nicht erteilt werden, wenn der Pflichtteilsberechtigte Miteigentümer von Nachlassgegenständen ist.[138]

 

Rz. 67

Werden mit dem Auskunftsanspruch ausschließlich oder überwiegend pflichtteilsfremde Zwecke verfolgt, kann dies rechtsmissbräuchlich sein, so z.B., wenn der Pflichtteilsberechtigte in unternehmerischer Konkurrenz zu einem im Nachlass befindlichen Unternehmen steht und Einsicht in Geschäftsführungsunterlagen verlangt.[139] Hier hat dann nur ein neutraler, zur Verschwiegenheit verpflichteter Prüfer ein Einsichtsrecht. Im Übrigen ist ein Auskunftsverlangen nur rechtsmissbräuchlich, wenn ein Pflichtteilsanspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben ist. Dies gilt z.B., wenn ein Erbverzicht erklärt wurde, Pflichtteilsunwürdigkeitsgründe vorliegen oder der Pflichtteilsberechtigte anstelle des Pflichtteils ein Vermächtnis angenommen hat. Alter und Gebrechen des Erben können jedoch einem Auskunftsverlangen nicht entgegengehalten werden; hier ist nach § 1896 Abs. 1 S. 2 BGB ein Betreuer zu bestellen.[140]

[138] OLG München OLGR 1995, 90.
[139] BGH NJW 1954, 70.

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