Rz. 266

Wegen der Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann der Rechtsanwalt grundsätzlich Differenzansprüche, die sich aus der Anwendung der VKH-Gebühren-Tabelle und den Gebühren nach der Tabelle zu § 13 RVG ergeben, nicht gegenüber dem Auftraggeber abrechnen, solange die VKH-Bewilligung nicht aufgehoben ist.

 

Rz. 267

Dies gilt auch für Differenzansprüche, die sich aufgrund eines sehr hohen Gegenstandswerts aus höheren Gebühren für das Bewilligungsverfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren ergeben können, da diese beiden Verfahren nach § 16 Nr. 2 RVG dieselbe Angelegenheit darstellen.

 

Rz. 268

 

Beispiel

Es wurde VKH beantragt und bewilligt. Der beigeordnete Rechtsanwalt reicht Unterhalts-Stufenantrag ein. Gegenstandswert: 80.000,00 EUR.

Die im Bewilligungsverfahren entstandene Verfahrensgebühr aus 80.000,00 EUR mit 1,0 beträgt 1.467,00 EUR und ist nach der regulären Tabelle zu § 13 Abs. 1 RVG zu berechnen.

Die 1,3 Verfahrensgebühr für das Hauptsacheverfahren nach der Tabelle zu § 49 RVG beträgt aus 80.000,00 EUR aber nur 856,70 EUR. Dies liegt daran, dass bei der Tabelle zu § 49 RVG der Wert von über 50.000,00 EUR die Obergrenze darstellt und aus einem höheren Wert keine Gebühren entstehen können. Die Differenz zwischen diesen beiden Verfahrensgebühren beträgt immerhin 610,30 EUR.

 

Rz. 269

Eine weitere Differenz ergibt sich bei der Vergütung für das Hauptsacheverfahren aus der Tabelle zu § 13 und der zu § 49 RVG.

 

Beispiel (ausgehend vom vorherigen Beispiel Rdn 268):

Wäre VKH nicht bewilligt worden, so hätte der Rechtsanwalt eine 1,3 Verfahrensgebühr aus 80.000,00 EUR nach der Tabelle zu § 13 Abs. 1 RVG erhalten. Diese hätte 1.907,10 EUR betragen. Da aber VKH bewilligt worden ist, erhält der Rechtsanwalt lediglich eine 1,3 Verfahrensgebühr nach der Tabelle zu § 49 RVG, und somit 610,30 EUR. Die Differenz beträgt 1.296,80 EUR.

 

Rz. 270

Nun gilt im RVG der allgemein bekannte Grundsatz, dass einmal entstandene Gebühren nicht wieder wegfallen (§ 15 Abs. 4 RVG). Warum also kann der Rechtsanwalt diese Differenz nicht abrechnen? Weil in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die sogenannte Sperrwirkung geregelt ist, die besagt, dass der Rechtsanwalt, solange seinem Mandanten VKH bewilligt worden ist, derartige Differenzgebühren nicht abrechnen darf.

 

Rz. 271

 

Praxistipp

Wird die VKH nachträglich gem. § 124 ZPO aufgehoben, gilt die Sperrwirkung nicht mehr! Da aber die Aufhebung der VKH nicht gleichzeitig auch eine "Aufhebung der Beiordnung" bedeutet, behält der Anwalt seinen Vergütungsanspruch gegenüber der Staatskasse bezogen auf die VKH-Vergütung, §§ 45, 49 RVG. Er kann aber bei Aufhebung die Differenzansprüche gegen seinen Mandanten geltend machen.

Es gibt aber zudem Möglichkeiten, auch bei VKH-Bewilligung diese Differenz noch zu erhalten. Die verschiedenen Möglichkeiten sollen nachfolgend dargestellt werden:

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge