Rz. 76

Die Feststellungslast im Erbscheinsverfahren oder die Beweislast im Zivilprozess liegt bei demjenigen, der sich auf die Testierunfähigkeit beruft.[143] Es müssen sämtliche Tatsachen vorgetragen und bewiesen werden, aus denen sich die Testierunfähigkeit ergibt.[144] Eine Ausnahme hiervon besteht für den Fall, in dem feststeht, dass der Erblasser zu irgendeinem Zeitpunkt testierunfähig war und sich der Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht genau ermitteln lässt. Dies geht zu Lasten desjenigen, der sich auf die Testierfähigkeit beruft, so dass dieser die Feststellungslast trägt.[145] Eine Ausnahme vom Grundsatz der Feststellungslast liegt jedoch etwa dann nicht vor, wenn die Zeitangabe unleserlich ist und behauptet wird, der Testierende habe Geschriebenes nicht mehr lesen können.[146]

 

Rz. 77

Verbleiben am Ende der Beweisaufnahme Zweifel, ob der Erblasser testierfähig war, gilt in diesen Fällen die Vermutung, dass Volljährige geschäftsfähig und Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bzw. Volljährige testierfähig sind, so lange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Die Partei hat sodann ihrer Feststellungslast nicht genügt. Die Partei, die die Testierunfähigkeit behauptet, sollte somit den Sachverhalt möglichst genau ermitteln und vorbereiten, um die ausreichend Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts zu ermöglichen.[147]

[143] OLG Köln, Beschl. v. 19.8.2016 – 2 Wx 209/16; OLG Celle ErbR 2018 269, 270; BGH FamRZ 1958, 127; OLG Frankfurt FamRZ 1996, 635; KG FamRZ 2000, 912.
[147] Klingelhöffer, ZEV 1997, 92.

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