Verfahrensgang

AG Aachen (Beschluss vom 20.07.2016; Aktenzeichen 700H VI 1754/15)

 

Tenor

Der am 21.07.2016 erlassene Nichtabhilfebeschluss des AG - Nachlassgerichts - Aachen vom 20.07.2016, 700H VI 1754/15, wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur ordnungsgemäßen Entscheidung über die Frage, ob der Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 03.06.2016 gegen den am 04.05.2016 erlassenen Beschluss vom 03.05.2016 abgeholfen wird, an das AG - Nachlassgericht - Aachen zurückgegeben.

Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Am 05.07.2015 ist Frau "L" L I (im Folgenden: Erblasserin) verstorben. Sie war niederländische Staatsangehörige und hatte (zumindest) in ihren letzten 5 Lebensjahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Erblasserin war ledig und hatte keine Kinder. Der Beteiligte zu 1) ist ein Neffe der Erblasserin, die Beteiligte zu 2) eine Nichte.

Die Erblasserin hinterließ 2 notariell beurkundete Einzeltestamente vom 11.09.2008 und 25.03.2014, in denen sie jeweils die Beteiligte zu 2) als ihre Alleinerbin einsetzte (Bl. 25 ff. d. Beiakte 700 H IV 1328/15). Am 25.04.2015 errichtete sie ein handschriftliches Testament, in dem sie den Beteiligten zu 1) zu ihrem Alleinerben einsetzte (Bl. 35d. Beiakte 700 H IV 1328/15).

Die Erblasserin lebte bis zum 16.02.2015 in einer Eigentumswohnung in B. Ab dem 16.02.2015 kam es zu einer stationären Behandlung der Erblasserin im Mhospital in B. Am 26.02.2015 wurde sie in das N-Heim in B aufgenommen, wo sie bis zu ihrem Tod lebte.

Beide Beteiligte haben die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt, der Beteiligte zu 1) am 04.08.2015 zur Niederschrift des Nachlassgerichts, die Beteiligte zu 2) durch notarielle Urkunde vom 10.08.2015 (UR. Nr. 808/15 des Notars Dr. C in B). Die Beteiligte zu 2) hat behauptet, die Erblasserin sei am 25.04.2015 nicht mehr testierfähig gewesen; der Beteiligte zu 1) hat dies bestritten.

Das Nachlassgericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 12.10.2015 durch die schriftliche Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben zur Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin am 25.04.2015 (Bl. 37 d.A.). Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Aussagen der Zeugen A (Bl. 41 d.A.), B? (Bl. 44 d.A.), I2 (Bl. 53 d.A.), T (Bl. 56 d.A.) und Q (Bl. 65 ff. d.A.) verwiesen. Aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 24.11.2015 und 30.12.2015 (Bl. 62, 71 d.A.) hat das Nachlassgericht zu der Beweisfrage noch ein Sachverständigengutachten eingeholt. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. O vom 24.02.2016 Bezug genommen (Bl. 83 ff. d.A.).

Durch Beschluss vom 04.05.2016 hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 2) erforderlich sind, für festgestellt erachtet und den Antrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen (Bl. 122 ff. d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Erblasserin am 25.04.2016 nicht mehr testierfähig gewesen sei. Bezüglich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 04.05.2016 Bezug genommen.

Gegen diesen dem Beteiligten zu 1) am 06.05.2016 zugestellten Beschluss hat dieser mit am 03.06.2016 beim AG Aachen eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Nachlassgerichts vom 04.05.2016 aufzuheben und das Nachlassgericht anzuweisen, dem Beschwerdeführer einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweist.

Er hat die Auffassung vertreten, die Erblasserin sei zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes vom 25.04.2015 testierfähig gewesen und sich eine weitere Begründung der Beschwerde vorbehalten.

Durch Beschluss vom 21.07.2016 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 148 f. d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, die pauschale Behauptung, die Erblasserin sei testierfähig gewesen, sei durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden.

Mit Schriftsatz vom 01.08.2016, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat der Beteiligte zu 1) die Beschwerde weiter begründet (Bl. 156 ff. d.A.).

II. Die Sache wird in entsprechender Anwendung von § 69 Abs. 3 S. 2 FamFG zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe an das Nachlassgericht zurückzugeben, weil das Abhilfeverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.

Zwar führt die Fehlerhaftigkeit des Nichtabhilfeverfahrens in aller Regel nicht dazu, die Sache zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe an das AG zurückzugeben, da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein der angefochtene Beschluss ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn das Nichtabhilfeverfahren mit groben Verstößen belastet ist, die dazu führen, dass von der Durchführung eines Abhilfeverfahrens nicht die Rede sein kann. Solche groben, zu einer Zurückverweisung berechtigenden Verfahrensverstöße liegen insbesondere dann vor, wenn das AG seiner Amtspflicht zur Überprüfung der ...

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