Leitsatz (amtlich)

1. Einigen sich die Erbprätendenten in einem österreichischen Außerstreitverfahren über die Erbquoten, bindet dies ein deutsches Nachlassgericht nicht. Vielmehr ist für den in Deutschland beantragten Erbschein die Erbenstellung von Amts (§ 26 FamFG) zu ermitteln.

2. Ein deutsches Nachlassgericht ist hinsichtlich der Feststellung der Erbfolge für ein in Deutschland belegenes Grundstück nicht an den Einantwortungsbeschluss eines österreichischen Gerichts gebunden.

 

Normenkette

EGBGB a.F. Art. 4, 25; FamFG §§ 26, 36; öster. ABGB a.F. § 716; öster. ABGB a.F. § 1248 S. 2; öster. IPRG a.F. § 28 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 39 VI 143/16)

 

Tenor

Der am 06.12.2017 erlassene Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Köln vom 05.12.2017, 39 VI 143/16, wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur ordnungsgemäßen Entscheidung über die Frage, ob der Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 08.08.2017 gegen den am 10.07.2017 erlassenen Beschluss vom 05.07.2017 abgeholfen wird, an das Amtsgericht - Nachlassgericht - Köln zurückgegeben.

Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Am 01.12.2010 verstarb Frau J. W. (Erblasserin) mit letztem Wohnsitz in Zell am See in Österreich. Die Erblasserin war seit dem Jahr 2000 österreichische Staatsangehörige. Sie war verwitwet und hatte keine Kinder. Ihre Eltern sind vorverstorben. Geschwister hatte die Erblasserin nicht. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Kinder ihres vorverstorbenen Ehemannes. Die Erblasserin hinterließ Vermögen in Österreich und Deutschland.

Am 24.01.1992 hatte sie gemeinsam mit ihrem im Jahre 2008 vorverstorbenen Ehemann O. W. ein gemeinschaftliches notarielles Testament - UR.Nr. 215/1992 des Notars Adenauer in Köln - errichtet, in dem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben und als Schlusserben (widerruflich) den im Vereinsregister des Amtsgerichts Köln unter der Nummer VR 8579 eingetragenen gemeinnützigen Verein O. e.V. eingesetzt haben (Bl. 20 ff. d. Beiakte 39 IV 451/16). Es sind weitere in Österreich errichtete Testamente vom 27.06.2008, 03.09.2008, 20.02.2010 und 06.11.2010 zur Akte gereicht worden (Bl. 60, 152, 153, 154 d. Beiakte 39 IV 451/16). Im gemeinsam mit ihrem Ehemann errichteten gemeinschaftlichen Testament vom 27.06.2008 hat die Erblasserin ihren Ehemann als Alleinerben eingesetzt und für den Fall, dass sie nach ihrem Ehemann versterben sollte, die Beteiligte zu 3) als alleinige Ersatzerbin. In den Einzeltestamenten vom 03.09.2008 und 20.02.2010 ist jeweils die Beteiligte zu 3) als Alleinerbin benannt worden. Nach dem Inhalt des Testaments vom 06.11.2010 sind die Beteiligten zu 1) und 2) Erben zu je 1/2-Anteil.

Im Erbenfeststellungsverfahren vor dem Bezirksgericht in Zell am See in Österreich (44 A 263/10m) war zwischen den Beteiligten zunächst streitig, ob es sich bei dem Testament vom 06.11.2010, ein sog. fremdhändiges Testament nach österreichischem Recht, um eine Fälschung handelt. Auf Initiative der Beteiligten zu 3) ist diesbezüglich zunächst ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Salzburg eingeleitet worden (18 St 357/10z). In der Folgezeit ist zwischen den Beteiligten eine Einigung über die Erbquoten und die Auseinandersetzung des Nachlasses zustande gekommen. Das Strafverfahren vor der Staatsanwaltschaft Salzburg ist daraufhin eingestellt worden. Am 12.11.2014 haben die Beteiligten vor dem Bezirksgericht Zell am See / Österreich (44 A 263/10m) die jeweiligen Erbquoten der Beteiligten zu 3) in Höhe von 1/2 und der Beteiligten zu 1) und 2) in Höhe von je 1/4 wechselseitig anerkannt (Bl. 156 ff. d. Beiakte 39 IV 451/16). Durch Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 16.07.2015 (44 A 263/10m - 161) ist der Nachlass der Erblasserin den Beteiligten zu 1) und 2) zu je 1/4-Anteil und der Beteiligten zu 3) zu 1/2-Anteil eingeantwortet worden (Bl. 15 ff. d.A.).

Mit notarieller Urkunde vom 02.03.2016 - UR.Nr. 286/2016 des Notars Kückelhaus in Euskirchen - haben die Beteiligten die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins für den in Deutschland befindlichen Grundbesitz beantragt, der die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben zu je 1/4-Anteil und die Beteiligte zu 3) als Erbin zu 1/2-Anteil ausweist (Bl. 1 ff. d.A.).

Mit Schreiben vom 19.07.2016 hat das Nachlassgericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Zell am See für das Nachlassgericht nicht bindend sei, weil sich die österreichische Gerichtsbarkeit nicht auf im Ausland belegenes Vermögen erstrecke (Bl. 46 d.A.). Mit weiterem Schreiben vom 14.11.2016 hat das Nachlassgericht darauf hingewiesen, dass die wechselseitige Anerkennung des Erbrechts der Beteiligten keine materiell-rechtliche Bedeutung habe und ein Erbrecht nicht begründen könne. Die beantragte Erbquote ergebe sich nach keinem der vorgelegten Testamente, so dass der Antrag keinen Erfolg haben könne (Bl. 51 d.A.).

Mit notarieller Urkunde vom 12.01.2017 - UR.Nr. 42/2017 des Notars Kückelh...

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