I. Allgemeines

 

Rz. 1

Als steuerpflichtiger Erwerb im Erbfall gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit keine Steuerbefreiung greift, § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Dabei kommen insbesondere in Betracht die Steuerbefreiung für Zugewinnehen gem. § 5 ErbStG (siehe § 3 Rdn 80 ff.>), die sachlichen Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG (z.B. Familienheim; siehe § 6 Rdn 1 ff.>), die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken fremdvermietete Immobilien nach § 13d ErbStG (siehe § 6 Rdn 58 ff.>) und der persönliche Freibetrag nach den §§ 16, 17 ErbStG (siehe § 5 Rdn 1 ff.>). Die Bereicherung ist gem. § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG (siehe Rdn 11 ff.>) zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls die abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten (siehe § 3 Rdn 99 ff.>) mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abgezogen werden.

 

Rz. 2

Das in § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG verankerte Bereicherungsprinzip beinhaltet den Grundsatz, dass nur die als Nettobetrag ermittelte Bereicherung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer unterliegt.[1] Dies schließt nach dem BFH etwa die steuerliche Erfassung von Vermögenswerten aus, die der Nacherbe in Erwartung der Nacherbfolge selbst durch Baumaßnahmen auf einem nachlasszugehörigen Grundstück in Erwartung der Nacherbfolge geschaffen hat und hierfür zu Lebzeiten des Vorerben keinen Ersatz (nach zivilrechtlichen Grundsätzen kein Vergütungs-, Ersatz- oder Bereicherungsanspruch) erlangt.[2] Gleiches muss (jedenfalls) auch für einen Schlusserben gelten.

 

Rz. 3

§ 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG gilt gem. § 1 Abs. 2 ErbStG grundsätzlich auch für Schenkungen unter Lebenden. Bei einer gemischten Schenkung oder Schenkung unter einer Auflage gilt entsprechend § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 ErbStG als steuerpflichtiger Erwerb die Bereicherung des Beschenkten. Die Bereicherung wird ermittelt, indem von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Steuerwert der Leistung des Schenkers die Gegenleistungen des Beschenkten und die von ihm übernommenen Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abgezogen werden.

 

Rz. 4

Für Nutzungs- und Duldungsauflagen gilt dies nur, soweit sich das Nutzungsrecht nicht bereits als Grundstücksbelastung bei der Ermittlung des gemeinen Werts i.S.d. § 198 BewG ausgewirkt hat, § 10 Abs. 6 S. 6 ErbStG (siehe Rdn 120>). Für Gegenleistungen, Leistungs-, Nutzungs- und Duldungsauflagen greift die Abzugsbeschränkung des § 10 Abs. 6 ErbStG (siehe Rdn 117 ff.>).

II. Einkommensteuererstattungsansprüche

 

Rz. 5

Steuererstattungsansprüche des Erblassers aus dem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr), in den der Todeszeitpunkt des Erblassers fällt, sind bei der Ermittlung der Bereicherung zu berücksichtigen, auch wenn sie rechtlich erst nach dem Tod des Erblassers – erst mit Ablauf dieses Kalenderjahres, in das der Todeszeitpunkt fällt, § 25 Abs. 1 EStG – entstanden sind, § 10 Abs. 1 S. 3 ErbStG.[3] Dies entspricht nicht der Behandlung der Einkommensteuerschulden des Erblassers durch die Finanzverwaltung, die nicht erwerbsmindernd zu berücksichtigen sind (siehe § 3 Rdn 107>).

[3] JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl 2020 I 3096, in Kraft getreten am 29.12.2020.

III. Übernahme der Schenkungsteuer durch den Schenker

 

Rz. 6

Übernimmt der Schenker die vom Beschenkten geschuldete Schenkungsteuer selbst, gilt als Erwerb der Betrag, der sich bei einer Zusammenrechnung der Schenkung mit der für diese errechneten Steuer ergibt, § 10 Abs. 2 ErbStG (siehe § 1 Rdn 210>).

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