Rz. 23

Soweit sich eine Doppelbesteuerung ergibt, ist zu prüfen, ob und ggf. wie und inwieweit diese vermieden werden kann. Vorschriften zur Vermeidung der Doppelbesteuerung können sich aus unilateralen und bilateralen Regelungen ergeben.

 

Rz. 24

Unilaterale Regelungen sind nationale Rechtsvorschriften, in denen der Gesetzgeber sein Besteuerungsrecht bei internationalen Sachverhalten beschränkt hat, ohne hierzu international verpflichtet zu sein. Als unilaterale Regelungen kommt z.B. die Anrechnung einer ausländischen Steuer in Betracht.

 

Rz. 25

Durch bilaterale Regelungen wird das Besteuerungsrecht zwischen den beiden beteiligten Staaten aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages, der in nationales Recht umgesetzt werden muss, eingeschränkt, z.B. ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).

 

Rz. 26

Die Doppelbesteuerung wird häufig durch Anrechnung der Steuer eines Landes auf die Steuer in einem anderen Land (Anrechnungsmethode; dazu ausf. Rdn 134 ff.) oder durch Freistellung des bereits in einem Land besteuerten Vermögens in einem anderen erreicht (Freistellungsmethode; dazu Rdn 132 f.). Daneben gibt es die Abzugsmethode. Diese gestattet es, eine im Ausland gezahlte Steuer von der Steuerbemessungsgrundlage im Inland – also nicht von der inländischen Steuerschuld – abzuziehen. Bei der Abzugsmethode wird die durch die Doppelbesteuerung eintretende Doppelbelastung allerdings regelmäßig nur gemildert und nicht beseitigt, da der Abzug, also die als Schuld lediglich von der Bemessungsgrundlage abzuziehende ausländische Steuer, anders als die Anrechnung, die deutsche Steuer letztlich nur zu dem Prozentsatz mindert, zu dem das Vermögen besteuert wird.

 

Rz. 27

In Deutschland wird die Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Erbschaft- und Schenkungsteuer nur in wenigen Fällen bilateral (durch eines der sechs geltenden Doppelbesteuerungsabkommen[24]), im Übrigen und damit meist unilateral gemildert oder sogar vermieden.

 

Rz. 28

In Deutschland ist als unilaterale Regelung eine Vorschrift zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in § 21 ErbStG vorgesehen. Unter den dort genannten Voraussetzungen kann eine im Ausland gezahlte Steuer auf die in Deutschland zu zahlende Erbschaftsteuer angerechnet werden. Siehe dazu unten Rdn 134 ff.

 

Rz. 29

(Erste) Voraussetzung für eine Anrechnung ist immer, dass es sich bei der im Ausland gezahlten Steuer um eine der deutschen Steuer vergleichbare Steuer i.S.d. § 21 ErbStG handelt. Wird im Ausland anlässlich des Erbfalls eine Steuer erhoben, ist somit deren Vergleichbarkeit zur ausländischen Steuer zu prüfen. In Kanada wird der Erbfall beispielsweise so behandelt, als habe der Erblasser seinen gesamten Nachlass am Todestag veräußert. Dadurch werden vorhandene, aber tatsächlich bisher nicht realisierte Wertsteigerungen der Einkommensteuer unterworfen.[25] Diese in Kanada vorgesehene "capital gains tax" ist daher keine der Erbschaftsteuer vergleichbare Steuer. Eine Anrechnung auf die in Deutschland zu zahlende Erbschaftsteuer kommt nicht in Betracht. Die kanadische Steuer kann daher nur noch als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden.[26]

 

Rz. 30

Liegen in Deutschland nur die Voraussetzungen der beschränkten (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) oder der erweiterten beschränkten Steuerpflicht (§ 4 AStG) vor, besteht keine Möglichkeit zur Anrechnung ausländischer Steuern. Hintergrund der Versagung der Anrechnung ist, dass Deutschland nur die Vermögensgegenstände besteuert, die einen besonders engen Bezug zu Deutschland aufweisen (§ 121 BewG), und daher Deutschland für sich insoweit ein vorrangiges Besteuerungsrecht in Anspruch nimmt. Soweit ein anderes Land auf dieses Vermögen eine Steuer erhebt, hat aus deutscher Sicht dies andere Land die Doppelbesteuerung durch entsprechende Vorschriften zu vermeiden und mit seinem aus deutscher Sicht nachrangigen Besteuerungsrecht hinter das deutsche Besteuerungsrecht zurückzutreten.

 

Rz. 31

Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollte bei der Nachfolgeplanung und Strukturierung von im Ausland belegenen Vermögen vorrangig geprüft werden, ob und wie Anknüpfungsmerkmale für die Besteuerung im Ausland vermeidbar sind. Ergibt sich ein Anknüpfungsmerkmal für die Besteuerung beispielsweise nur aus dem Lageort des Vermögens (so regelmäßig bei der "beschränkten Steuerpflicht"), nicht aber aus der Person des Erblassers oder der Begünstigten (so regelmäßig bei der "unbeschränkten Steuerpflicht"), kommt möglicherweise eine Umstrukturierung des Vermögens in Betracht.

 

Rz. 32

Ergibt sich nur aus dem Lageort des Vermögens eine (lediglich) beschränkte Steuerpflicht und kann daher nicht der gesamte Weltnachlass besteuert werden, ist im Rahmen der Nachfolgeplanung eine "Umqualifizierung" des Vermögens zu erwägen. Nach § 121 Nr. 2 BewG ist z.B. ein in Deutschland belegenes Grundstück immer ein die beschränkte Steuerpflicht begründendes Steuerobjekt. Eine Besteuerung im Inland, allein aufgrund der Belegenheit, ließe sich aber möglicherweise – und das wird meist der Fall sein – bereits dadurch vermeiden, ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge