Rz. 40

 

Beispiel

Neben dem Scheidungsverfahren läuft der Rechtsstreit über Getrenntlebensunterhalt auf monatlich 500,00 EUR ab 1.4.2017. Nach Einreichung des Antrags (der Klage)/Unterhalt am 13.3.2017, aber vor der ersten mündlichen Verhandlung am 1.9.2017 wird in der Ehescheidung das Urteil bereits am 1.8.2017 rechtskräftig. Wie ist der Wert für die Gebühren im Unterhaltsverfahren anzusetzen? Gilt der Jahresbetrag (12 × 500,00 EUR) oder sind es 4 × 500,00 EUR (1.4. bis 31.7.2017)? Ist der Wert für die Verfahrens- und die Terminsgebühr der Gleiche?

 

Rz. 41

Einigkeit besteht darüber, dass es "grundsätzlich" beim Jahresbetrag verbleibt, auch wenn letztlich weniger als zwölf Monate Getrenntlebensunterhalt zu bezahlen waren, weil die Scheidung vorher rechtskräftig wurde. "Gefordert" war Unterhalt auf unbestimmte Zeit.[53] Hiervon werden aber Ausnahmen gemacht. Vielfach wird darauf abgestellt, ob im Zeitpunkt der Einreichung des Klageantrags oder des Rechtsmittels (§ 34 S. 1 FamGKG) "feststeht", oder "endgültig abzusehen ist" oder wenigstens "endgültig klar" ist, dass der zu zahlende Unterhaltsbetrag weniger als ein Jahr dauert.[54] Andere lassen genügen, dass dieser Umstand "abzusehen" ist,[55] wieder andere verlangen, dass im Zeitpunkt der Einreichung des Klageantrags objektiv eine "überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Rechtskraft vor Jahresablauf eintritt".[56] In allen diesen Fällen soll der Wert statt des Jahresbetrages nur so viele Monatsbeträge ausmachen, wie tatsächlich für die Zeit ab Klageerhebung schließlich anfielen. Weitergehend wird noch die Meinung vertreten, dass überhaupt jeder Klage auf Getrenntlebensunterhalt bereits die erklärte Begrenzung des Unterhaltsbegehrens bis zur Rechtskraft der Scheidung immanent sei.[57]

 

Rz. 42

Diese Auffassung war unter altem Recht abzulehnen und ist auch heute noch nicht richtig. Es ist kaum ein Fall denkbar, in dem zwar die Ehescheidung nicht rechtskräftig ist, aber gleichwohl mit Sicherheit voraussehbar ist, dass und wann sie rechtskräftig wird. Nicht umsonst ist der Wert des Verfahrens nach dem Beginn des Verfahrens zu bestimmen (§ 34 FamGKG). Auch in diesen Fällen ist daher auf den unbeschränkten Antrag abzustellen. Der Zwölf-Monats-Wert gilt in jedem Fall für die Verfahrensgebühr. Wenn der erste Verhandlungstermin (oder die Einlegung des Rechtsmittels) erst zu einem Zeitpunkt, in dem die Ehescheidung bereits rechtskräftig ist, stattfindet, wird der Antrag auf die Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung beschränkt und damit der Wert (nur für die Terminsgebühr) entsprechend ermäßigt werden müssen.

Im obigen Fall (Rdn 40) fällt also die Verfahrensgebühr aus 6.000,00 EUR an, während der Anwalt bei der Antragstellung wegen der inzwischen eingetretenen Rechtskraft der Ehescheidung den Antrag begrenzen muss, so dass die Terminsgebühr nur noch aus 2.000,00 EUR anfällt (wenn der Anwalt den Antrag nicht begrenzt – was falsch wäre – fällt auch die Terminsgebühr aus 6.000,00 EUR an).

[53] Wie hier OLG Schleswig FamRZ 2013, 240; OLG Hamm FamRZ 1996, 502 (Jahresbetrag auch dann, wenn die Ehescheidung vor Jahresablauf rechtskräftig wird); a.A. KG FamRZ 2011, 755.
[54] OLG Hamburg FamRZ 2002, 1136; OLG Bamberg JurBüro 1988, 1077.
[55] KG FamRZ 2011, 755; OLG Köln JurBüro 1993, 164; Hillach/Rohs, § 55 B I a; Mümmler, JurBüro 1989, 1493 (1498), jeweils m.w.N.
[57] OLG Schleswig FamRZ 2006, 1560; OLG München JurBüro 1985, 742.

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