Rz. 1

Wenn es nicht bereits "vorher" bei der Verwaltung des Nachlasses zu Problemen und Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Erbengemeinschaft gekommen ist, dann bietet "spätestens" die Beendigung der Erbengemeinschaft hierfür eine weitere – nicht unbedingt letzte – "Gelegenheit". Für die Beendigung der Erbengemeinschaft gibt es keinen "richtigen" Weg. Wie meist bei Problemen und Fragen im Zusammenhang mit einer Mehrheit von Erben gilt hier umso mehr: Jeder Fall ist anders – kein Fall ist übertragbar – jeder Fall erfordert eine individuelle Herangehensweise nicht nur in juristischer Hinsicht. Manche werden hier in diesem Kapitel vielleicht "Standardlösungen" erwarten, die bei über Jahren zerstrittenen Miterben oder einem einzigen blockierenden Erben u.Ä. endlich zum "Erfolg" führen: zur Beendigung der Erbengemeinschaft. All jene werden enttäuscht werden: Diese Lösung gibt es nicht. Hat nicht der Erblasser in seinem Testament die richtigen Entscheidungen getroffen (siehe hierzu § 10 Gestaltungsmöglichkeiten in letztwilligen Verfügungen von Todes wegen und Gesellschaftsverträgen) gibt es für die Auseinandersetzungen keine allgemeingültigen Hinweise oder Muster.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Auseinandersetzung bei zerstrittenen Erben ein Zufallsergebnis wäre und der Rechtsanwalt hier lediglich "begleitend passiv" und nicht mehr agierend aktiv tätig werden könnte. Im Gegenteil bieten sich hier für den Rechtsanwalt vielfältige Möglichkeiten mit Strategie und Taktik, mit Fingerspitzengefühl und Erfahrung jedenfalls ein für seinen Mandanten optimales Ergebnis zu erzielen. Möglicherweise gelingt es sogar eine Lösung zu finden, die eine Verständigung der Erben – meist Verwandte – in der Zukunft wieder ermöglichen kann.

 

Rz. 2

Die Erbengemeinschaft ist von Beginn an auf Auseinandersetzung ausgerichtet. Der Begriff der "Auseinandersetzung" ist weit zu verstehen und umfasst zwangsläufig nicht lediglich die Verteilung des Nachlasses unter den Erben, sondern zuvor auch die Begleichung der Verbindlichkeiten des Nachlasses (§ 2046 BGB) und die Ausgleichung von Vorempfängen (§§ 2050 ff. BGB, siehe hierzu § 7).

 

Rz. 3

Die Teilung hat grundsätzlich in Natur zu erfolgen, § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 752 BGB. Wenn die Teilung in Natur ausgeschlossen ist (was regelmäßig der Fall sein wird), sind die nicht teilbaren Gegenstände durch Verkauf entsprechend den Vorschriften über den Pfandverkauf bzw. bei Immobilien durch Zwangsversteigerung gem. § 180 ZVG zu "versilbern"[1] und der Erlös ist unter den Miterben zu verteilen, § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 753 BGB. Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften, in welcher Form die Auseinandersetzung stattfinden muss. Es gibt daher zahlreiche Wege, die Auseinandersetzung durchzuführen (Auseinandersetzungsvertrag, Vermittlungsverfahren, Teilungsklage usw.; im Einzelnen siehe unten Rdn 85). Die Praxistauglichkeit der verschiedenen Verfahren ist sehr unterschiedlich und die Wahl des richtigen Verfahrens kann über Erfolg und Misserfolg der Auseinandersetzung entscheiden.

 

Rz. 4

Auch ein Miterbe, der bei der Auseinandersetzung aufgrund von Vorempfängen nichts mehr zu erwarten hat, kann die Auseinandersetzung verlangen, da er sonst keine Möglichkeit hätte, aus der Erbengemeinschaft auszuscheiden. Entsprechend anwendbar ist § 2042 BGB über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus ("Jeder Miterbe") auf den Erbteilserwerber (§ 2033 BGB).[2] Für den Testamentsvollstrecker gilt § 2042 BGB über den Verweis des § 2204 Abs. 1 BGB (siehe hierzu auch § 14 Rdn 48 ff.). Auch der Abwesenheitspfleger für einen bekannten Erben (§ 1911 BGB) kann die Auseinandersetzung fordern; dies ist ein Minus zu seinem Recht, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen.[3] Nach Eintritt der Verkaufsberechtigung kann der Pfandgläubiger allein die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, § 1258 Abs. 2 S. 2 BGB. Vor Verkaufsberechtigung kann der Pfandgläubiger gem. § 1258 Abs. 2 S. 1 BGB, ebenso wie der Nießbraucher am Miterbenanteil, gem. § 1066 Abs. 2 BGB die Auseinandersetzung nur gemeinschaftlich mit dem Miterben verlangen. Wurde der Erbteil gepfändet und überwiesen, kann der Miterbe sich nicht mehr an der Auseinandersetzung beteiligen.[4]

 

Rz. 5

Für den Nachlasspfleger ist § 2042 BGB nicht entsprechend anwendbar. Der Nachlasspfleger darf jedoch an einer von einem anderen betriebenen Auseinandersetzung mitwirken[5] (zu Einzelheiten vgl. § 15 Rdn 3 ff.).

 

Rz. 6

Familiengerichtliche Genehmigungen sind bei minderjährigen Miterben nicht erforderlich, wenn lediglich den gesetzlichen Teilungsregeln gefolgt wird (§ 2042 Abs. 2 i.V.m. §§ 752 ff. BGB; siehe hierzu § 12 Rdn 37 ff.). Dies gilt auch dann, wenn die Verteilung des Erlöses nicht einfach zu berechnen ist, sondern Fragen der Ausgleichung (§§ 2050 ff. BGB, siehe hierzu § 7) zu berücksichtigen sind. Diese allein dem Gesetz folgende Art der Auseinandersetzung fällt nicht unter §§ 1643, 1822 Nr. 2 BGB, da es sich hierbei nicht um eine vertragliche Regelung i.S.v. § 1822 Nr. 2 BGB handelt (zu Einzelheiten ...

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