Rz. 70

Kommt die Anrechnung der Geschäftsgebühr bei dem ersten nachfolgenden gerichtlichen Verfahren nicht voll zum Tragen, weil der Gebührensatz der erst nachfolgenden Angelegenheit unter der Hälfte des anzurechnenden Gebührensatzes liegt, so ist der nicht verbrauchte Anrechnungsbetrag auf ein gegebenenfalls anschließendes weiteres Verfahren anzurechnen, wenn die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Verfahrens auf die des weiteren Verfahrens ihrerseits anzurechnen ist.[27]

 

Beispiel 43: Mehrfache Anrechnung der Geschäftsgebühr – Gebührensatz in nachfolgender Angelegenheit geringer

Der Anwalt wehrt außergerichtlich für den Auftraggeber eine Forderung in Höhe von 8.000,00 EUR ab. Die Sache ist umfangreich, aber durchschnittlich. Der Gegner erwirkt daraufhin einen Mahnbescheid, gegen den der Anwalt Widerspruch einlegt. Hiernach kommt es zum streitigen Verfahren, in dem verhandelt wird.

Ausgehend von einer 1,5-Geschäftsgebühr wäre diese zu einem Gebührensatz von 0,75 anzurechnen. Da der Anwalt im Mahnverfahren aber nur 0,5 erhält (Nr. 3307 VV), kann nicht mehr angerechnet werden (siehe oben Beispiel 28). Der nicht verbrauchte Anrechnungsbetrag in Höhe von 0,25 ist jetzt auf das streitige Verfahren zu "übertragen" und dort anzurechnen. Daneben ist auch die 0,5-Verfahrensgebühr der Nr. 3307 VV anzurechnen (Anm. zu Nr. 3307 VV).

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR
II. Mahnverfahren
1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3307 VV   251,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 251,00 EUR
  0,5 aus 8.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV[28]   20,00 EUR
  Zwischensumme 20,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   3,80 EUR
Gesamt   23,80 EUR
III. Gerichtliches Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Anm. zu Nr. 3307 VV anzurechnen,   – 251,00 EUR
  0,5 aus 8.000,00 EUR    
3. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, – 376,50 EUR  
  0,75 aus 8.000,00 EUR    
  ./. bereits angerechneter 0,5 aus 8.000,00 EUR 251,00 EUR  
    – 125,50 EUR
4. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 898,50 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   170,72 EUR
Gesamt   1.069,22 EUR
 

Rz. 71

Kommt die Anrechnung der Geschäftsgebühr bei der ersten nachfolgenden Angelegenheit nicht voll zum Tragen, weil der Gegenstandswert der nachfolgenden Angelegenheit geringer ist, kommt es dann aber zu einer nachfolgenden Angelegenheit, auf die auch anzurechnen ist, so wird der bisher nicht angerechnete Betrag nunmehr angerechnet.[29]

 

Beispiel 44: Mehrfache Anrechnung der Geschäftsgebühr – Gegenstandswert in nachfolgender Angelegenheit geringer (Mahnverfahren)

Der Anwalt macht außergerichtlich für den Mandanten eine Forderung in Höhe von 8.000,00 EUR geltend. Die Sache ist umfangreich und schwierig. Da der Gegner nicht zahlt, erwirkt der Anwalt einen Mahnbescheid über einen Teilbetrag von 4.000,00 EUR. Nach Widerspruch wird das streitige Verfahren durchgeführt. Dort wird die Klage auf die ursprünglichen 8.000,00 EUR erweitert.

Die Geschäftsgebühr ist nach einem Wert von 8.000,00 EUR angefallen. Im Mahnverfahren beläuft sich der Gegenstandswert dagegen nur auf 4.000,00 EUR. Folglich wird die Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 5 VV auch nur nach einem Gegenstandswert von 4.000,00 EUR angerechnet. Die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens wiederum wird in voller Höhe auf die Verfahrensgebühr des streitigen Verfahrens angerechnet. Darüber hinaus wird die anzurechnende Geschäftsgebühr, soweit sie im Mahnverfahren nicht angerechnet worden ist, jetzt im streitigen Verfahren angerechnet.

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR
II. Mahnverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3005 VV   278,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 208,50 EUR
  0,75 aus 4.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 89,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   17,01 EUR
Gesamt   106,51 EUR
III. Gerichtliches Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Anm. zu Nr. 3305 VV anzurechnen,   – 278,00 EUR
  1,0 aus 4.000,00 EUR    
3. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, – 376,50 EUR  
  0,75 aus 8.000,00 EUR    
  ./. bereits angerechneter 0,75 aus 4.000,00 EUR 208,50 EUR  
      – 168,00 EUR
4. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 829,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7...

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