Rz. 14

Strittig war, welche Vergütung der Anwalt erhält, wenn er eine Urkunde entwirft. Nach Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV entsteht die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags. Im Gegensatz zur BRAGO ist die Mitwirkung bei der Erstellung einer Urkunde im RVG nicht mehr ausdrücklich geregelt. Anfangs wurde vertreten, dass die Mitwirkung an der Erstellung einer Urkunde nach wie vor Geschäftstätigkeit sei. Zutreffend ist es jedoch, hier eine Beratungstätigkeit anzunehmen, sodass eine Gebührenvereinbarung erforderlich ist (§ 34 Abs. 1 S. 1 RVG), anderenfalls nach bürgerlichem Recht abzurechnen ist (§ 34 Abs. 1 S. 2 RVG). Siehe hierzu § 6 Rdn 15 ff.

 

Beispiel 1: Entwurf einer Urkunde

Der Anwalt wird mit dem Entwurf eines Testamentes beauftragt, das der Auftraggeber später eigenhändig abschreibt und bei Gericht hinterlegt.

Auszugehen ist von einer Beratung.[7] Die Gebühr richtet sich nach § 34 RVG.

 

Rz. 15

Ebenso verhält es sich, wenn der Rechtsanwalt für seinen Mandanten den Auftrag hat, ein Mahnschreiben[8] oder ein anderweitiges Schreiben[9] im Namen des Mandanten zu entwerfen (sog. verdeckte Stellvertretung), ohne selbst nach außen in Erscheinung zu treten. In diesem Fall liegt keine Vertretungstätigkeit nach Teil 2 Abschnitt 3 VV vor. Die Nr. 2300 VV ist daher nicht anwendbar. Der Anwalt erhält lediglich eine Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 RVG (siehe § 6 Rdn 4 ff.).

 

Beispiel 2: Entwurf eines Mahnschreibens

Der Anwalt wird beauftragt, ein außergerichtliches Zahlungsaufforderungsschreiben zu entwerfen, welches der Mandant unter seinem eigenen Briefkopf dem Beklagten zukommen lassen will.

Es liegt keine Geschäftstätigkeit, sondern eine Beratung vor. Da keine Vereinbarung getroffen worden ist, erhält der Anwalt lediglich eine Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 612 BGB.

[7] BGH AGS 2021, 269 = NJW 2021, 1680; AG Hamburg-Altona AGS 2008, 166; OLG Düsseldorf AGS 2012, 454 = FamRZ 2013, 727.
[8] OLG Nürnberg AGS 2010, 480 = NJW 2011, 621 = RVGreport 2010, 459; unzutreffend LG Gießen AGS 2022, 363.
[9] AG Eutin AGS 2022, 362.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge