1. Tatsächlich erbrachte Leistung
Rz. 88
Abzustellen ist – anders als beim Unterhaltsschaden nach § 844 II BGB – nicht auf das familienrechtlich geschuldete Maß, sondern darauf, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden. In welchem Umfang der Verletzte die Hausarbeit tatsächlich selbst geleistet hat, ist aufzuklären. Das familienrechtliche Maß gibt dabei allerdings den personellen Rahmen vor (siehe Rn 48 ff.). Für die Schadenersatzleistung ist maßgeblich, welche tatsächliche Arbeitsleistung die verletzte Hausfrau/Hausmann ohne den Unfall erbracht hätte (siehe Rn 55 ff.).
Rz. 89
Die interne Verteilung der Haushaltsführung ist schadenersatzrechtlich dann zu korrigieren, wenn ein offensichtliches Missverhältnis vorliegt, das eine Korrektur als überobligationsmäßig erlaubt, oder wenn der Gestaltungsspielraum nicht mehr mit dem Grundsatz der Angemessenheit in Einklang gebracht werden kann (siehe Rn 57).
Rz. 90
Der Aufwand für die gesamte Haushaltsführung wird bestimmt durch den tatsächlichen Zeitaufwand des Verletzten vor dem Unfall, der sich seinerseits orientiert an der Anzahl der Familienmitglieder, dem Alter der Kinder, der Größe und Ausstattung der Wohnung sowie dem allgemeinen Lebenszuschnitt.
Rz. 91
Hat der nicht-verletzte Partner schon vor dem Unfall Tätigkeiten übernommen, muss er diese Beteiligung an der Haushaltsführung auch weiterhin vornehmen. Ein Anspruch auf Haushaltsführungsschadenersatz besteht insoweit nicht.[86]
Rz. 92
Bei der Schätzung des Haushaltsführungsschadens nach § 287 ZPO darf sich der Tatrichter in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte grundsätzlich am Tabellenwerk von Schulz-Borck/Hofmann[87] orientieren (siehe auch § 13 Rn 67 ff.).[88] Die richterliche Schätzung anhand des Tabellenwerkes ersetzt allerdings nicht den Vortrag des Anspruchstellers.[89] Dieser hat, damit eine Schätzung möglich ist, die tatsächlichen Umstände zum Haushalt und zur Beeinträchtigung substantiiert darzulegen.
2. Erforderlichkeitsmaßstab, § 249 BGB
Rz. 93
Maßstab für den zu ersetzenden Zeitaufwand ist zwar im Grundsatz das von der verletzten Person zuvor tatsächlich aufgewandte Arbeitsvolumen. Abzugrenzen ist dabei aber der zur Erledigung der haushaltlichen Tätigkeit erforderliche (§ 249 BGB) Zeitbedarf (gemessen an einer "Profi-Hausfrau"[90] als Vergleichsperson) zur konkret vom Verletzten aufgewandten Zeit. Unbeachtlich ist, ob der Verletzte schneller oder langsamer arbeitete als die Vergleichsperson; ferner sind individuelle Bedürfnisse ("Putzteufel") dem immateriellen und damit nicht als Haushaltsführungsschaden ersatzfähigen Bereich zugewiesen.[91]
Rz. 94
Das OLG Karlsruhe[92] vertritt zutreffend die Auffassung, dass es für den Umfang des zu ersetzenden Schadens nicht auf den Aufwand ankommt, den die bzw. der Verletzte vor dem Unfall betrieben hat. Maßgebend ist vielmehr die Zeit, welche eine jüngere und gesunde Hilfskraft gebraucht hätte, um die objektiv erforderlichen, aber auch hinreichenden Hausarbeiten im Haushalt der Klägerin zu verrichten.[93]
Rz. 95
Der Schadenersatz bemisst sich nach dem objektiv erforderlichen (§ 249 BGB) Kostenaufwand für die Beschäftigung einer gleichwertigen Ersatzkraft, gleichgültig ob sie tatsächlich eingestellt worden ist oder nicht. Zu unterscheiden ist zwischen einerseits der für die Aufrechterhaltung der Haushaltsführung im bisherigen Standard vom verletzten Haushaltsführenden subjektiv tatsächlich aufgewandten Arbeitsleistung und andererseits dem objektiv erforderlichen Zeitaufwand. Entscheidend für die Bemessung des Ersatzbetrages ist stets nur der erforderliche (§ 249 BGB) Zeitbedarf, den eine professionelle Hilfskraft objektiv für die Aufrechterhaltung der Haushaltsführung im bisherigen Standard benötigt.[94] Es wird nicht auf den tatsächlichen Zeitaufwand der verletzten Person abgestellt, sondern stets nur auf den erforderlichen Zeitaufwand für die Erledigung der ausgefallenen Arbeits...
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