Rz. 124

Schadensersatzansprüche gegen einen Rechtsanwalt oder einen anderen Rechtsberater aus einem (echten) Vertrag mit Rechtsbeistandspflicht (vgl. § 2 Rdn 1 f.) können sich ergeben aus

dem (regelmäßig vorliegenden) Dienstvertrag (§§ 611, 675 Abs. 1 BGB) oder einem (ausnahmsweise geschlossenen) Werkvertrag (§§ 631, 675 Abs. 1 BGB; vgl. § 1 Rdn 6 ff., § 2 Rdn 3) – bei einem solchen Vertrag grds. bis zur Abnahme des Werks – i.V.m. §§ 280 ff. BGB (vgl. § 3 Rdn 4 ff.),
einem Werkvertrag nach Abnahme des Werks gem. § 634 Nr. 4 BGB (vgl. § 3 Rdn 37) und
Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB).

Die Erleichterung der Verjährung solcher Schadensersatzansprüche aus rechtswidrigem, schuldhaften Verhalten gem. §§ 195, 199 BGB (vgl. Rdn 125 ff.) bzw. § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB (vgl. Rdn 66 ff.) kann angestrebt werden

entweder durch AGB, die Breitenwirkung im alltäglichen "Massengeschäft" erzielen sollen,[353]
oder durch Vereinbarung im Einzelfall, v.a. bei erkennbar schadensgeneigten Mandaten.
[353] Reiff, AnwBl. 1997, 3, 4, zu § 51a Abs. 1 BRAO a.F.

aa) Verjährungserleichterung durch AGB

 

Rz. 125

AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB).[354] Bei Verbraucherverträgen – also bei Verträgen zwischen einem Verbraucher i.S.d. § 13 BGB und dem Rechtsberater als Unternehmer i.S.d. § 14 BGB – sind bestimmte Schutzvorschriften des AGB-Rechts auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann anzuwenden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB); insoweit gelten AGB grds. als vom Unternehmer – hier vom Rechtsberater – gestellt (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). AGB bedürfen der Einbeziehung in den Vertrag gem. § 305 Abs. 2, 3 BGB;[355] bei Verwendung von AGB ggü. einem Unternehmer (§ 14 BGB) genügt jede – auch stillschweigend erklärte – Willensübereinstimmung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB).[356]

 

Rz. 126

Für die Ausfüllung des § 202 BGB durch eine vorformulierte Verjährungsvereinbarung gelten die Schranken der §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB.

Insoweit fehlt nicht die Kontrollfähigkeit gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. § 202 BGB ist keine kontrollfreie Erlaubnisnorm, die eine entsprechende AGB-Klausel von den genannten Schutzvorschriften des AGB-Rechts ausnimmt; solche kontrollfreien Erlaubnisnormen sind § 52 BRAO, § 67a StBerG, § 54a WPO, soweit sie eine Haftungsbegrenzung durch Einzelvereinbarung oder AGB eröffnen und als Spezialvorschriften den zulässigen Inhalt unabhängig vom AGB-Recht regeln.[357] Gesetzliche Vorschriften, die Vereinbarungen durch Einzelabrede oder AGB im Rahmen tatbestandlich festgelegter Voraussetzungen zulassen, ohne zugleich das Schutzbedürfnis bei Verwendung von AGB zu berücksichtigen, sind im Allgemeinen keine kontrollfreien Erlaubnisnormen im vorstehenden Sinne.[358] Eine AGB-Klausel, die einen vom Gesetz ausdrücklich eröffneten Gestaltungsspielraum nutzt, ergänzt i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB die gesetzliche Regelung; eine einseitige Ausübung vertraglicher Gestaltungsfreiheit durch AGB unterliegt jedoch den Schranken der §§ 307 bis 309 BGB.[359] Dies gilt auch für eine vorformulierte Verjährungsklausel in Ausfüllung des § 202 BGB.

 

Rz. 127

Die Möglichkeiten, die Verjährung von Regressansprüchen gegen Rechtsberater durch AGB zu erleichtern, sind begrenzt.

[354] Vgl. BGH, WM 1997, 126, 127 und BGH, WM 2004, 794, zur Frage, wann Vertragsbedingungen "für eine Vielzahl von Verträgen" vorformuliert sind.
[355] Dazu BGH, NJW-RR 1987, 112 ff., noch zu § 2 AGBG.
[356] Palandt/Grüneberg, BGB, § 310 Rn 4.
[357] Wolf, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 207 Rn 340; Palandt/Grüneberg, BGB, § 307 Rn 54, 151.
[358] Wolf, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 207 Rn 338 ff.
[359] BGHZ 106, 42, 45 f. = NJW 1989, 222; BGH, NJW 2000, 2677; BGH, NJW 2001, 2012, 2013, jeweils noch zu §§ 8 bis 11 AGBG; vgl. BGHZ 100, 157, 173 f.; BGHZ 127, 35, 41 f.

(1) Klauselverbote gem. § 309 BGB

 

Rz. 128

Insoweit bestehen nach § 309 BGB Klauselverbote, die unabhängig von einer richterlichen Wertung zur Unwirksamkeit entgegenstehender AGB führen, betreffend

einen Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7a, b BGB), insb. der Haftung für Vermögensschäden wegen grob fahrlässiger Pflichtverletzung (§ 309 Nr. 7b BGB);[360]
einen Ausschluss oder eine unzulässige Beschränkung werkvertraglicher Rechte aus § 634 BGB (§ 309 Nr. 8b BGB), insb. eine Verkürzung der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Rechtsberater gem. § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB (vgl. Rdn 66 ff.) auf weniger als ein Jahr ab gesetzlichem Verjährungsbeginn (§ 309 Nr. 8b Doppelbuchst. ff BGB).[361]

Bei Verwendung von AGB ggü. einem Unternehmer (§ 14 BGB) ist § 309 BGB nicht anzuwenden (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. aber § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Verträgen des Rechtsberaters mit einem Verbraucher (§ 13 BGB) gilt die Schut...

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