Rz. 1

Rechtsberater – Rechtsanwälte, Rechtsbeistände und steuerliche Berater (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte) sowie ihre Gesellschaften – haften ihren Auftraggebern (Mandanten) für berufliche Fehler i.d.R. aufgrund eines (Anwalts-, Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer-)Vertrages (zur Haftung aus Gefälligkeit vgl. § 1 Rdn 28 ff.).[1]

Rechtsanwälte schließen mit ihren Mandanten i.d.R. einen echten Anwaltsvertrag, in dem sich der Rechtsanwalt zum berufstypischen Rechtsbeistand – grds. zur Rechtsberatung und/oder -vertretung – verpflichtet (vgl. § 3 Abs. 1 BRAO; vgl. § 1 Rdn 136 ff., 161 ff.); ein solcher Vertrag ist Gegenstand der folgenden Haftungsprüfung. An den Abschluss eines (echten) Anwaltsvertrages durch konkludentes Verhalten sind strenge Anforderungen zu stellen;[2] das gilt insb. dann, wenn derjenige, der einen solchen Vertragsschluss behauptet, aus einem Anwaltsvertrag einen Schadensersatzanspruch herleiten will, wenn der Rechtsanwalt (jedenfalls hauptsächlich) für einen anderen Mandanten tätig ist, der gegensätzliche Interessen verfolgt.[3] Näher dazu siehe unten (vgl. Rdn 369). Wird der Rechtsanwalt lediglich als Erfüllungsgehilfe für einen Berater tätig, haftet er dessen Mandanten nicht unmittelbar (vgl. Rdn 413).[4]

Für die Abgrenzung, ob ein Anwaltsvertrag (Steuerberatervertrag) oder nur eine außerrechtliche Gefälligkeit gewollt ist, wird maßgebend, ob der andere Teil nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nach den Umständen des Einzelfalls auf einen Rechtsbindungswillen schließen musste. Heranzuziehen sind hierfür als Indizien insb. die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit.[5] Auch eine lediglich telefonische Auskunft an einen Mandanten kann deshalb einen Auskunftsvertrag begründen, wenn sie für diesen von erkennbar erheblicher Bedeutung ist und von ihm zur Grundlage wichtiger Entscheidungen gemacht wird.[6] Für die Beurteilung, ob ein Vertrag zustande kommen soll, sind daneben aber auch andere Umstände zu berücksichtigen, z.B. eigene wirtschaftliche Interessen des Beraters, persönliches Engagement in der Form von Zusicherungen, das Versprechen eigener Nachprüfung, die Hinzuziehung zu Vertragsverhandlungen oder bereits bestehende Vertragsbeziehungen. Näheres dazu siehe § 1 Rdn 28, 29.

Bei einem unechten Anwaltsvertrag übernimmt der Rechtsanwalt keine oder nur eine geringfügige Pflicht zur Rechtsbetreuung; vielmehr steht eine berufsuntypische Aufgabe im Vordergrund, sodass der Rechtsanwalt nach den Regeln des jeweiligen Vertragstyps (z.B. eines Maklervertrages) haftet (vgl. § 1 Rdn 161 ff., § 18 Rdn 35 ff.).[7] Eine Treuhandtätigkeit, welche nicht mit einer Rechtsberatung in Zusammenhang steht, stellt keine anwaltstypische Tätigkeit dar.[8] Mit dem Anwaltsberuf grds. unvereinbar ist eine Tätigkeit als Versicherungsmakler,[9] Berater und Akquisiteur für eine Unternehmensberatungsgesellschaft,[10] Vermögensberater als Angestellter einer Bank,[11] Grundstücksmakler oder Vermittler von Finanzdienstleistungen (vgl. auch Rdn 426).[12] Der Zulassungsversagungsgrund nach § 7 Nr. 8 BRAO kann nicht dadurch ausgehebelt werden, dass der Rechtsanwalt, der in einer Gesellschaft Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer ist, die als Grundstücksmakler tätig ist, seine Tätigkeit in der Geschäftsführung auf den Verwaltungsbereich beschränkt.[13] Mit der Tätigkeit als Rechtsanwalt ist dagegen vereinbar die Tätigkeit des Leiters einer Landesgeschäftsstelle der Wirtschaftsprüferkammer.[14] Ein Anwaltsvertrag, der gegen die Tätigkeitsverbote der § 43a Abs. 4, §§ 45 bis 47 BRAO verstößt, ist grds. gem. § 134 BGB nichtig (vgl. Rdn 369 ff.).[15]

 

Rz. 2

Der BGH geht von einem weiten Begriff des echten Anwaltsvertrages aus. Danach liegt ein solcher Vertrag auch dann vor, wenn dieser zwar berufsuntypische Tätigkeit umfasst, diese aber in engem innerem Zusammenhang mit Rechtsberatung steht und jedenfalls auch Rechtsfragen aufwerfen kann, es sei denn, dass die Rechtsberatung und -vertretung völlig in den Hintergrund treten und deswegen als unwesentlich erscheinen.[16] Nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls kann – nicht muss – ein echter Rechtsberatervertrag vorliegen (vgl. § 1 Rdn 161 ff.) z.B. bei einem Treuhandvertrag,[17] einer Anlageberatung,[18] Maklertätigkeit[19] und Vermögensverwaltung.[20]

Dementsprechend liegt ein echter Steuerberater- oder Wirtschaftsprüfervertrag vor, wenn der Vertragsgegenstand noch in nennenswertem Umfang berufstypische Tätigkeiten dieser Rechtsberater betrifft (§§ 33, 57 Abs. 3 StBerG, § 2 WPO).[21]

Will ein Rechtsberater seine Dienstleistung unter Einsatz moderner Kommunikationsmittel erbringen, so kann ein Fernabsatzvertrag vorliegen.[22] Ist ein solcher Vertrag seit dem 1.1.2002 geschlossen, gelten die §§ 312b ff. BGB. Der Verbraucher hat ein Widerrufsrecht.[23] Auf einen Rechtsberatervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr ist § 312i BGB anzuwenden.[24] Ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem liegt...

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