Rz. 20

Insolvenzgeld wird gem. § 165 Abs. 2 S. 1 SGB III für alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt, die der Arbeitnehmer während des Insolvenzgeldzeitraums verdient hat und die vom Arbeitgeber noch nicht erfüllt worden sind.

 

Rz. 21

Darüber hinaus müssen die Ansprüche der Arbeitnehmer durchsetzbar sein (BSG v. 27.9.1994 – 10 RAr 1/93, ZIP 1994, 1965). Einreden und Einwendungen des Arbeitgebers gegen den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers können die Bewilligung von Insolvenzgeld ausschließen oder schmälern (HK/Linck, § 183 SGB III Rn 37). Aufgrund gesetzlicher, tariflicher oder vertraglicher Ausschlussfristen ggü. dem Arbeitgeber (Schuldner) nicht mehr durchsetzbare Ansprüche auf Arbeitsentgelt sind daher bei der Bemessung des Insolvenzgeldes nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG v. 7.12.1983 – 5 AZR 425/80, DB 1984, 996; Brand/Kühl, § 165 SGB III Rn 71).

 

Rz. 22

Unter den Begriff Bezüge fallen unabhängig davon, ob sie lohnsteuer- oder sozialversicherungspflichtig sind, alle Ansprüche, die eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit darstellen (Küttner/Voelzke, Insolvenz des Arbeitgebers Nr. 226 Rn 98). Der Begriff des insolvenzgeldfähigen Arbeitsentgeltes ist dementsprechend weit zu verstehen. Neben dem regulären Arbeitsentgelt (Lohn/Gehalt) zählen unter anderem auch Provisionen, Akkordvergütungen, Mankogeld, Überstundenvergütung, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung sowie grds. auch Sonderzahlungen zu den insolvenzgeldfähigen Bezügen. Ggf. können auch Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber insolvenzgeldfähig sein. Etwa wenn der Arbeitgeber es versäumt hat, rechtzeitig Antrag auf Kurzarbeitergeld oder Wintergeld zu stellen (BSG v. 17.7.1979 – 12 RAr 4/79, DB 1979, 2332). Bei diesen Schadensersatzansprüchen handelt es sich um Ansprüche, die an die Stelle von Arbeitsentgeltansprüchen getreten sind und infolgedessen noch zu den Bezügen aus dem Arbeitsverhältnis i.S.d. § 165 Abs. 1 SGB III zählen.

 

Rz. 23

Kein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht für nicht im Synallagma des Arbeitsvertrages stehende Leistungen des Arbeitgebers. Hierzu gehören nach § 166 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ausdrücklich Ansprüche, die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, insb. vertragliche Abfindungen und Abfindungen nach § 1a KSchG sowie Sozialplanabfindungen. Auch Ansprüche, die durch eine vom Insolvenzverwalter anfechtbare Handlung erworben wurden, sind gem. § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB III nicht insolvenzgesichert. Schließlich ist der Anspruch auf Insolvenzgeld ausgeschlossen, wenn dem Insolvenzverwalter ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (etwa nach § 146 Abs. 2 InsO) und er hiervon Gebrauch macht, § 166 Abs. 1 Nr. 4 SGB III.

 

Rz. 24

Insolvenzgeld kann nur für die Ansprüche auf Arbeitsentgelt gewährt werden, die innerhalb des Insolvenzgeldzeitraums – im Regelfall die letzten drei Monate vor Verfahrenseröffnung – liegen. Die Ansprüche auf Arbeitsentgelt müssen in diesem Zeitraum erarbeitet worden sein (BSG v. 25.6.2002 – B 11 AL 90/01 R, ZIP 2004, 135). Jahressonderzahlungen (etwa Weihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt oder Gratifikationen) sind nur dann dem Insolvenzgeldzeitraum zuordenbar, wenn den individualvertraglichen oder kollektivrechtlichen Regelungen (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) eine zeitanteilige Zahlung bei vorzeitigem Ausscheiden zu entnehmen ist (BSG v. 18.3.2004 – B 11 AL 57/03 R, ZIP 2004, 1376). Ist eine zeitliche Zuordnung nicht möglich, kommt es für die Berücksichtigung der (Jahres-) Sonderzahlung beim Insolvenzgeld darauf an, ob sie in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis hätte ausgezahlt werden müssen. In diesem Fall ist die Sonderzahlung vollständig zu berücksichtigen; anderenfalls überhaupt nicht (BSG v. 25.6.2002 –B 11 AL 90/01 R, ZIP 2004, 135). Es ist insofern zu unterscheiden zwischen den Sonderzahlungen, die als Entgelt für die im Jahreszeitraum erbrachte Arbeitsleistung und denen die für die Betriebstreue gezahlt werden (BeckOK-SozR/Plössner, SGB III, § 165 Rn 43). Gratifikationen sind in Anbetracht dessen nur dann insolvenzgeldfähig, wenn der Anspruch auf die Gratifikation in den Insolvenzgeldzeitraum fällt (LSG Sachsen-Anhalt v. 30.3.2020 – L 2 AL 19/19, juris). Bei Wertguthaben auf Arbeitszeitkonten kommt es für die Berücksichtigung beim Insolvenzgeld ebenfalls darauf an, ob das Guthaben im Insolvenzzeitraum erdient wird oder bestimmungsgemäß zu verwenden ist (BSG v. 25.6.2002 – B 11 AL 90/01 R, ZIP 2004, 135).

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