Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. Insolvenzgeldfähigkeit einer Betriebstreueprämie. Fälligkeit im Insolvenzgeldzeitraum. arbeitsvertragliche Regelung. weder beendetes noch gekündigtes Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag. Ausschlussklausel. am Auszahlungstag bereits gekündigtes Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine reine Betriebstreueprämie ist insolvenzgeldfähig, wenn sie im Insolvenzgeldzeitraum fällig ist.

2. Dies gilt nicht, wenn deren Auszahlung wegen bereits vorliegender Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen ist.

3. Sofern arbeitsrechtlich für die Zahlung einer Prämie vorausgesetzt ist, dass das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag weder beendet noch gekündigt ist, besteht jedenfalls dann kein Anspruch auf die Prämie, wenn die Kündigung bereits vor dem für das Erdienen der Prämie maßgeblichen Stichtag ausgesprochen ist. Wann die Kündigung wirksam wird, ist bei dieser Fassung der Ausschlussklausel unerheblich.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden nur noch: Klägerin) begehrt höheres Insolvenzgeld wegen einer Betriebstreueprämie, obwohl ihr vor deren Stichtag gekündigt worden war und die Auszahlung bei Kündigung ausgeschlossen war.

Die Klägerin war bei ihrem später insolventen Arbeitgeber seit dem 1. November 2003 angestellt. Nach der letzten Änderung zum Arbeitsvertrag betrug ihre monatliche Bruttovergütung 4.000,00 Euro. Darüber hinaus zahlte ihr der Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Kosten des Kindergartens. In dem von ihm mit der Klägerin geschlossenen Arbeitsvertrag war festgelegt, dass das Gehalt bis zum 10. Werktag des Folgemonats zu überweisen war. Weiter legte der Arbeitsvertrag in § 7 Nr. 1 fest, dass die Zahlung von Tantiemen, Prämien und sonstigen Leistungen im freien Ermessen des Arbeitgebers liegen sollte. Ein Rechtsanspruch sollte auch bei mehrfacher Gewährung nicht bestehen. Anderes würde nur gelten, wenn die Zahlung durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag geregelt sei. Unmittelbar darauf folgte die Regelung in § 7 Nr. 1 Satz 4 mit folgendem Wortlaut: "Voraussetzung für die Gewährung einer Gratifikation ist stets, dass das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag weder beendet noch gekündigt ist."

In der vom Betriebsrat unterzeichneten "Betriebsordnung" des Arbeitgebers vom 30. Juni 2010 war mit Wirkung ab dem 1. Juli 2010 festgelegt, dass bei einer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren eine Sonderzuwendung in Höhe eines Bruttogrundgehaltes gezahlt werde. Einen Zahlungstermin regelte die Betriebsordnung nicht.

Der Arbeitgeber der Klägerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 zum 31. Januar 2014. Zudem stellte er die Klägerin beginnend am 8. Oktober 2013 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Erbringung der Arbeitsleistung frei. Das Kündigungsschreiben erhielt die Klägerin am 11. Oktober 2013.

Ab dem Monat November 2013 zahlte der Arbeitgeber der Klägerin keinen Lohn mehr.

Danach beantragte die Klägerin am 27. Dezember 2013 bei der Beklagten die Zahlung von Insolvenzgeld.

Am 3. Februar 2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet.

Die Beklagte gewährte der Klägerin zunächst einen Vorschuss i.H.v. 4.050,00 Euro auf das zustehende Insolvenzgeld (Bescheid vom 3. Februar 2014).

Der Insolvenzverwalter bescheinigte der Klägerin (Steuerklasse III, zwei Kinderfreibeträge), dass sie für den Monat November 2013 ein Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 8.166,50 Euro (zusammengesetzt aus einer Bruttovergütung i.H.v. 4.000,00 Euro, einem Kindergartenzuschuss i.H.v. 166,50 Euro und einer Jubiläumsprämie i.H.v. 4.000,00 Euro) bzw. netto 6.089,25 Euro verdient haben würde. Für den Monat Dezember 2013 bescheinigte er ein Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 4.155,50 Euro (zusammengesetzt aus einem Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 4.000,00 Euro und einem Zuschuss für die Kosten des Kindergartens i.H.v. 155,50 Euro) und ein Nettoarbeitsentgelt i.H.v. 2.885,25 Euro. Für den Monat Januar 2014 habe die Klägerin ein Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 4.254,40 Euro (zusammengesetzt aus einem Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 4.000,00 Euro und einem Zuschuss zu den Kosten des Kindergartens i.H.v. 254,40 Euro) und ein Nettoarbeitsentgelt i.H.v. 2.992,30 Euro zu beanspruchen.

Hierauf setzte die Beklagte das zu zahlende Insolvenzgeld auf insgesamt 8.773,80 Euro fest und zahlte der Klägerin abzüglich des bereits gezahlten Vorschusses noch 4.723,80 Euro aus (Bescheid vom 11. April 2014). Die Beklagte berücksichtigte dabei nicht die Sonderzuwendung, sondern nur das für November 2013 zustehende laufende Nettoarbeitsentgelt i.H.v. 2.896,25 Euro. Dies errechnete er aus den in der Lohnabrechnung für den laufenden Lohn ausgewiesenen Angaben, d.h. aus einem Bruttolohn von 4.166,50 Euro abzüglich steuerlicher Abzüge in Höhe von 469,01 Euro und von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 801,24 Euro. Für den Monat Dezember 2013 legte die Beklagte en...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge