Rz. 19

In einem ungekündigten Arbeitsverhältnis ist der Arbeitgeber zur tatsächlichen Beschäftigung verpflichtet. Den sog. allgemeinen Beschäftigungsanspruch leitet das BAG aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ab (BAG v. 10.11.1955, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Die Pflicht zur Beschäftigung des Arbeitnehmers besteht grds. auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (BAG v. 27.2.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht = EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9 m. Anm. Gamillscheg). Eine einseitige Freistellung von der Arbeitsleistung ohne Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung ist daher i.d.R. nicht möglich (BAG v. 21.9.1993 – 9 AZR 335/91, NZA 1994, 267). Den Arbeitsvertragsparteien steht es grds. frei, ein einseitiges Recht zur Freistellung von der Erbringung der Arbeitsleistung zu vereinbaren. In vorformulierten Arbeitsverträgen muss sich eine Freistellungsklausel jedoch an den §§ 305 ff. BGB messen lassen.

 

Rz. 20

Außerhalb der Insolvenz kommt eine einseitige Suspendierung des Arbeitnehmers von der Arbeit daher nur in Betracht, wenn ein schützenwertes Interesse des Arbeitgebers vorliegt, das das Interesse des Arbeitnehmers an der vertragsgemäßen Beschäftigung bis zum Ende seines gekündigten oder kraft Befristung auslaufenden Arbeitsverhältnisses überwiegt (BAG v. 15.6.1972 – 2 AZR 345/71, NJW 1972, 2279 = SAE 1973, 162 m. Anm. Kreutz; BAG v. 19.8.1976, NJW 1977, 215 = SAE 1978, 66 m. Anm. Mayer-Maly; LAG Hamm v. 3.11.1993, LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 36; s. zur Frage der Abdingbarkeit des bis zum Ende der Kündigungsfrist bestehenden Beschäftigungsanspruches bereits im Arbeitsvertrag: ArbG Köln v. 9.5.1996, NZA-RR 1997, 186; ArbG Düsseldorf v. 3.6.1993, NZA 1994, 559). Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer Freistellung ist regelmäßig nach Ausspruch einer Kündigung gegeben (LAG München v. 7.5.2003; LAGE BGB 2002 § 307 Nr. 2; ArbG Düsseldorf v. 3.6.1993 NZA 1994, 559; a.A. ErfK/Preis, BGB, § 611a Rn 570).

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