Rz. 16

Nach § 2180 BGB besteht für die Annahme bzw. Ausschlagung des Vermächtnisses keine Frist. Nur der Erblasser selbst kann in der letztwilligen Verfügung dem Vermächtnisnehmer eine Frist zur Annahme des Vermächtnisses unter einer aufschiebenden Bedingung setzen.[39] Einzige Ausnahme ist § 2307 Abs. 2 BGB. Dieser bestimmt, dass der mit einem Vermächtnis belastete Erbe die Möglichkeit hat, dem Vermächtnisnehmer eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer der Vermächtnisnehmer sich entscheiden muss, ob er das Vermächtnis annimmt oder nicht.[40] Dies ist eine Annahmefrist. Konsequenz ist, dass gem. § 2307 Abs. 2 S. 2 BGB das Vermächtnis als ausgeschlagen gilt, wenn es nicht innerhalb der Frist angenommen worden ist. Sind mehrere Erben vorhanden, können diese die Frist des § 2307 Abs. 2 BGB nur gemeinsam setzen.[41]

 

Praxishinweis

Vor dem Hintergrund der eigenen Sechs-Wochen-Frist für die Ausschlagung der Erbschaft gem. § 1944 BGB, ist es für den Anwalt des Erben wichtig zu wissen, ob der Erbe ein Vermächtnis zu erfüllen hat und welche Wirkungen sich daraus ergeben. Die Frist des § 2307 Abs. 2 BGB muss angemessen sein. Dies bedeutet, dass berücksichtigt werden muss, dass der Vermächtnisnehmer aller Kenntnisse bedarf, die seine Entscheidung beeinflussen.

Der Vermächtnisnehmer sollte bei § 2307 BGB alsbald per eingeschriebenen Brief mit Rückschein aufgefordert werden, das Vermächtnis anzunehmen. Die angemessene Annahmefrist darf dabei nicht vor der gesetzten Inventarfrist ablaufen, die der Pflichtteilsberechtigte den Erben gesetzt hat.[42] Der Rechtsanwalt des Vermächtnisnehmers muss bei Annahme des Vermächtnisses eine Originalvollmacht beilegen. Hintergrund ist § 174 BGB und die Tatsache, dass die Annahme des Vermächtnisses eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist. Ansonsten kann die Gegenseite die Erklärung unverzüglich zurückweisen und die Frist gilt als versäumt. Dem ersten Schreiben an den Vermächtnisnehmer sollte ebenso eine Originalvollmacht beiliegen, sonst hat dieser ebenso die Möglichkeit, die Fristsetzung aufgrund § 174 BGB unverzüglich zurückzuweisen.

[39] MüKo/Rudy, § 2180 Rn 4; Nieder/Kössinger/R. Kössinger, HB Testamentsgestaltung, § 9 Rn 16.
[40] Formulierungsbsp. bei Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler/Krug, Anwaltformulare Erbrecht, § 15 Rn 76.
[41] OLG München FamRZ 1987, 752.
[42] MüKo/Lange, § 2307 Rn 11.

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