Rz. 128

Bei allen Mobiliarzwangsvollstreckungsverfahren richtet sich der Gegenstandswert nach § 25 RVG, der andere Wertvorschriften, insbesondere § 4 ZPO verdrängt.

Nach § 25 Nr. 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert nach der im Einzelfall zu vollstreckenden Forderung, einschließlich aller Nebenforderungen, d.h. der Gesamtforderung im Zeitpunkt des Vollstreckungsauftrages. Eine Reduzierung ergibt sich allerdings dann, wenn auf einen konkreten Gegenstand zugegriffen werden soll, der den Wert der Vollstreckungsforderung nicht erreicht.

 

Rz. 129

Umstritten ist, wie der Gegenstandswert bei der Forderungspfändung zu bemessen ist, insbesondere, wenn die Pfändung tatsächlich ins Leere geht. Richtigerweise kommt es darauf nicht an, weil es allgemeinen Grundsätzen entspricht, dass sich der Gegenstandswert nach dem Interesse des Antragstellers im Zeitpunkt der Antragstellung bemisst. Bei einer Klage wird der Streitwert auch nicht nach Maßgabe des tatsächlichen Erfolges bemessen. Deshalb ist nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG allein auf den Nennwert der Vollstreckungsforderung abzustellen.[86] Dem steht der Wortlaut des § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG nicht entgegen, da nach dessen erstem Halbsatz auf den Wert der zu vollstreckenden Forderung abzustellen ist und die Beschränkung auf den Wert des konkret gepfändeten Gegenstandes aus mehreren Gründen keine Begrenzung bewirken kann:

Zum einen kommt es nicht auf den objektiven Wert an, sondern auf den vom Gläubiger angenommenen Wert zum Zeitpunkt des Antrages. Andernfalls müsste man bei der erfolgreichen Pfändung von Guthaben auf einem Konto den Wert zunächst auch nur in Höhe des monatlichen pfändbaren Betrages festsetzen und ihn dann sukzessive erhöhen. Ob der Schuldner nämlich im nächsten Monat noch über Guthaben verfügt, ist ungewiss. Die Auffassung, es gebe keinen Hinweis auf die subjektive Komponente und sie sei dem Recht des Gegenstandswertes auch fremd,[87] ist unzutreffend. Das subjektive Interesse ist Maßstab der Grundnorm des Gegenstandswertrechtes, § 3 ZPO. Dagegen ist es systemfremd, die anwaltliche Vergütung von dem Erfolg der Bemühungen abhängig zu machen.[88]
Zum zweiten kommt es auf die Ex-ante-Sicht des Gläubigers zum Wert der gepfändeten Forderung im Zeitpunkt der Antragstellung an.[89] Von welchem Wert wollte man ausgehen, wenn nach dem Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Schuldner Kontakt mit dem Gläubiger aufnimmt und die Forderung vollständig ausgleicht. Müsste man dann erst noch den Wert der gepfändeten Forderung ermitteln?
Zum dritten ist der Begriff des "bestimmten Gegenstandes" auf die Fälle der Herausgabe eines konkreten Gegenstandes zu beziehen, also die Fälle des § 846 ZPO. Es geht dem Gläubiger bei der Pfändung einer gewöhnlichen Geldforderung aber nicht um die "Herausgabe" der gepfändeten Forderung. Sein Fokus liegt auf der Realisierung des Vollstreckungsanspruchs.
 

Rz. 130

Nach anderer Ansicht[90] soll der RA dagegen lediglich die 0,3-Verfahrensgebühr aus einem Wert bis 500,00 EUR unter Berücksichtigung der Mindestgebühr nach § 13 Abs. 2 RVG, d.h. 15,00 EUR netto, erhalten. Die Sichtweise überzeugt nicht. Den Wortlaut von § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG kann sie – wie begründet – nicht für sich in Anspruch nehmen. Darüber hinaus ist sie für die praktische Anwendung nicht geeignet. So bleibt unklar, wie etwa verfahren werden soll, wenn die Pfändung wegen vier vorrangiger Gläubiger zunächst ins Leere geht, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass der pfändende Gläubiger doch noch später zum Zug kommt oder wenn das Finanzamt mitteilt, dass ein Steuererstattungsanspruch nicht besteht, jedoch noch ein Einspruchsverfahren läuft, welches zu einem Erstattungsanspruch führen könnte oder beispielsweise der Schuldner wegen einer Teilzeitbeschäftigung derzeit keinen pfändbaren Arbeitslohn bezieht, eine Aufstockung der Stunden aber nicht ausgeschlossen ist. Kaum mehr beherrschbar sind die Fälle, in denen unterschiedliche Forderungen bei verschiedenen Drittschuldnern gepfändet werden.

 

Rz. 131

Bei der Pfändung von Arbeitseinkommen wegen rückständiger und künftiger Unterhaltsforderung nach § 850d ZPO sind die noch nicht fälligen Forderungen nach § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG und § 9 ZPO zu bewerten. Die rückständigen Unterhaltsleistungen sind also voll zu berücksichtigen, die künftigen Unterhaltsforderungen in Höhe des einjährigen Betrages. Handelt es sich allerdings um Unterhaltsrenten aus einer unerlaubten Handlung, so ist auf den dreieinhalbjährigen Betrag abzustellen (§ 9 ZPO). Fällige Beträge werden hinzugerechnet.

 

Rz. 132

Im Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO auf die Hinterlegung des Gerichtsvollziehers nach § 827 ZPO oder des Drittschuldners nach § 853 ZPO ist höchstens der zu verteilende Betrag anzusetzen.

[86] OLG Sachsen-Anhalt NJW-RR 2014, 1151 = AGS 2014, 516; LG Hamburg AnwBl. 2006, 499; LG Düsseldorf AGS 2006, 86; LG Kiel JurBüro 1991, 1198; Hartmann, Kostengesetze, § 25 Rn 5.
[87] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 25 Rn 18.
[88] LG Mannheim JurBüro ...

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