Rz. 235

Der Form nach handelt es sich bei der Klageerwiderung um einen bestimmenden und vorbereitenden Schriftsatz i.S.d. §§ 129 ff. ZPO, sodass für seine äußere Form, d.h. insbesondere die Schriftform, die Unterschriftsleistung und den Anwaltszwang, keine anderen Bestimmungen gelten als für die Klageschrift. Insoweit kann auf die Ausführung in § 5 Rdn 9 ff. verwiesen werden.

 

Rz. 236

Soweit der Klageanspruch bestritten werden soll, verfolgt der Beklagte dies mit dem einleitenden Antrag auf Klageabweisung. Diesbezügliche Einschränkungen und Ergänzungen durch besondere Anträge, wie etwa eines Teilanerkenntnisses, wurden bereits in Abschnitt B. III. (siehe Rdn 123 ff.) dargestellt.

 

Rz. 237

Soweit der Beklagte über die reine Rechtsverteidigung hinausgehend zum Gegenangriff übergehen will, insbesondere Widerklage erheben oder gegen die Klageforderung aufrechnen möchte, wird auf die insoweit gesonderten Darlegungen in § 8 Rdn 1 ff. verwiesen.

 

Rz. 238

Der Streitgegenstand wird durch die Klageanträge und den vom Kläger geschilderten Lebenssachverhalt und damit durch die Klageschrift bestimmt. Dies zwingt den Bevollmächtigten des Beklagten allerdings nicht, sich im Aufbau und der Darstellung der Klageerwiderung an der Klageschrift zu orientieren.

 

Rz. 239

Vielmehr empfiehlt es sich einleitend, zunächst die wesentlichen Schwerpunkte der Rechtsverteidigung aufzuzeigen, sodass für das Prozessgericht unmittelbar der Streitstand fokussiert wird.

 

Rz. 240

 

Hinweis

Die Praxis zeigt immer wieder, dass eine klar strukturierte Prozessführung und Gedankenführung, wie sie sich im Wesentlichen in den Schriftsätzen niederschlägt, gerade dann zum Erfolg führen kann, wenn unterschiedliche Entscheidungen aufgrund von rechtlichen Streitfragen durchaus möglich und vertretbar sind. Hier muss das Gericht von Anfang an "an die Hand" genommen und mit einer klaren Darstellung durch die eigene Argumentationskette geführt werden.

 

Rz. 241

Hierbei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:

 

Rz. 242

Der Beklagte sollte zunächst deutlich machen, ob er die Klage für unzulässig oder unbegründet erachtet.

 

Rz. 243

Soweit er die Klage für unzulässig erachtet, ist im Einzelnen darzulegen, welche Zulässigkeitsvoraussetzung bestritten wird. Wenn der Beklagte die Klage für unbegründet erachtet, sollte deutlich werden, ob er den vom Kläger dargelegten Sachverhalt bestreitet oder aber aus einem unstreitigen Sachverhalt andere Rechtsfolgen zieht.

 

Rz. 244

Geht der Beklagte von einem anderen Sachverhalt als der Kläger aus, was den Regelfall darstellen dürfte, so sollte zunächst zusammengefasst werden, welche Tatsachenbehauptungen des Klägers bestritten werden, welche anderen Tatsachenbehauptungen richtig sind und wie sich der Sachverhalt demgemäß im Zusammenhang darstellt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Bearbeiter selbst tatsächlich den gesamten Sach- und Streitstand erfasst hat und nicht versehentlich "vergessen" wird, eine entscheidungserhebliche Tatsache zu bestreiten.

 

Rz. 245

 

Beispiel

“Der tatsächliche Sachverhalt hat sich anders zugetragen, als vom Kläger behauptet.

Unrichtig ist die Behauptung des Klägers, dass

[…]
[…]

Richtig ist vielmehr, dass

[…]
[…]

Damit stellt sich der Sachverhalt insgesamt wie folgt dar: […]“

 

Rz. 246

Dabei ist zu beachten, für welche Tatsachenbehauptungen der Beklagte beweispflichtig ist und wo er aufgrund von Beweisantritten des Klägers ein Gegenbeweismittel anbieten muss.

 

Rz. 247

 

Praxistipp

Um die vom Gericht angenommene Beweislastverteilung zu klären, sollte ausdrücklich dargelegt werden,

welche Beweise originär,
welche Beweise unter Protest gegen die Beweislast, also vorsorglich als Gegenbeweis für ein Beweisangebot des Klägers, und
welche Beweise allein gegenbeweislich angeboten

werden. Geht das Gericht von einer anderen Beweislastverteilung aus, muss es dann nach § 139 ZPO hierauf hinweisen. Ein solcher Hinweis kann sich allerdings mittelbar auch aus der Struktur eines Beweisbeschlusses ergeben, nämlich, ob es die Beweisaufnahme über eine Tatsache als Beweisaufnahme über die Behauptung des Klägers oder des Beklagten anordnet. Auch wenn der Beweisbeschluss nicht selbstständig anfechtbar ist (§ 355 Abs. 2 ZPO), kann doch zumindest im Wege der Gegenvorstellung deutlich gemacht werden, dass die Partei von einer anderen Beweislastverteilung ausgeht. Hiermit hat sich das Gericht dann auseinanderzusetzen. Anderseits kann sich hieraus auch der Anlass zu weiterem Vortrag und weiteren Beweisangeboten ergeben.

 

Rz. 248

Soweit der Beklagte davon ausgeht, dass der Klageanspruch ursprünglich begründet war, zwischenzeitlich jedoch untergegangen ist, sollte er dies unter Bezeichnung der rechtsvernichtenden oder rechtshindernden Einwendungen bzw. der zu erhebenden Einreden schon einleitend deutlich machen. Dies gilt auch, wenn diese Einwendungen oder Einreden nur hilfsweise erhoben werden.

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