Rz. 126

Die Wirkung der PKH ist in § 122 ZPO geregelt. Danach ist derjenige, dem PKH bewilligt wurde, von der Zahlung von Gerichtskosten, Gerichtsvollzieherkosten, den eigenen Rechtsanwaltskosten sowie ggf. Sachverständigengebühren befreit. Eine Zweitschuldnerhaftung gem. § 31 Abs. 1 GKG scheidet bei bewilligter PKH auch aus.

 

Rz. 127

Von der PKH sind jedoch die Kosten der Gegenpartei (z.B. Rechtsanwaltskosten der Gegenseite) nicht gedeckt. Unterliegt die Partei, der PKH bewilligt wurde, so befreit ihn die PKH nicht von der Zahlungspflicht für die Kosten, die der Partei erwachsen sind, die obsiegt hat. Die Kosten des gegnerischen RA sind in voller Höhe zu zahlen, soweit diese erstattungsfähig sind (§ 123 ZPO). Über diesen Umweg besteht auch eine Erstattungspflicht für Gerichtskosten, es sei denn, es gelingt eine Befreiung von denselben zu erwirken.

 

Abwandlung Beispiel 2 (in diesem Kapitel Rdn 156):

Das LG verurteilt die Beklagten zu 1.) und 2.) zu einer Schmerzensgeldzahlung i.H.v. 1.000,00 EUR. I.Ü. wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 81,82 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 18,18 %.

 

Rz. 128

In diesem Fall können die Beklagten Kostenausgleichung gem. § 106 ZPO beantragen. Das Gericht erlässt einen Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach der Kläger verpflichtet ist, die Kosten der Gegenseite zu tragen. Die eigenen Kosten des Klägers werden von der Landeshauptkasse erstattet. In einer gut organisierten Anwaltskanzlei wird hier aber die Aufrechnung des Kostenerstattungsanspruches mit der Urteilsforderung erklärt werden.

 

Rz. 129

Gem. § 122 Abs. 3 ZPO darf der RA von dem Mandanten keinerlei Vergütungsansprüche beanspruchen, sobald PKH bewilligt wurde. Ab dem Zeitpunkt der Bewilligung von PKH ist nicht der Mandant, sondern die Bundes- bzw. Landeshauptkasse Kostenschuldner. Der Umfang des Vergütungsanspruchs richtet sich im Fall einer Beiordnung des RA nach dem Inhalt des PKH-Beschlusses (§ 48 Abs. 1 RVG).

Vor der Bewilligung von PKH kann der RA jedoch eine Vorschusszahlung von dem Mandanten verlangen. Bis zu einer Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH ist der Mandant Vergütungsschuldner.

 

Rz. 130

Im Hinblick auf eine Anrechnung von Zahlungen des Mandanten in dem PKH-Verfahren verweise ich auf die Ausführungen unter § 8 Rdn 676.

1. Beiordnung eines auswärtigen RA

 

Rz. 131

Gem. § 121 Abs. 3 ZPO kann ein RA der im Bezirk des Prozessgerichts nicht niedergelassen ist, beigeordnet werden. Dies jedoch nur dann, wenn keine zusätzlichen Kosten entstehen. Dies bedeutet, dass Reisekosten grds. nicht erstattet werden. Der auswärtige RA wird zu den Bedingungen eines ortsansässigen RA beigeordnet. Hier ist in der Rspr. eine Entwicklung dahingehend zu sehen, dass Reisekosten erstattet werden, wenn der Kanzleiort nicht weiter entfernt vom Gerichtsort liegt, als der am entferntesten in der Gemeinde des Gerichtsbezirks liegende Ort.

 

Rz. 132

Dem dürfte die Vorschrift des § 46 Abs. 1 RVG entgegenstehen, wonach insbes. Reisekosten dann nicht zu erstatten sind, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren. War die Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen RA jedoch erforderlich und notwendig, sind auch die Reisekosten erstattungsfähig. Prüfen Sie den PKH-Beschluss. Wurde dieser ohne Einschränkung erlassen, kann der RA die Reisekosten abrechnen, da eine dahin gehende Einschränkung seitens des Gerichts gem. § 121 Abs. 3 ZPO nicht erfolgte (so auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 1.10.2008 – 13 WF 68/08). Erfolgte eine eingeschränkte Beiordnung nur zu den Gebühren eines ortsansässigen RA, wäre eine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss zu prüfen, sofern die Beauftragung eines auswärtigen RA notwendig und erforderlich war und es sich bei den Reisekosten um notwendige Kosten handelt(e).

2. Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse während des Prozesses/Verfahrens

 

Rz. 133

Sofern PKH ohne Ratenzahlung bewilligt wurde, ist der Antragsteller zunächst von Zahlungen befreit. Diese Befreiung erlischt jedoch dann, wenn sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers während des Prozesses wesentlich verändern, denn der Antragsteller hat insoweit sein Einkommen und/oder Vermögen einzusetzen (§ 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO). Dies gilt auch bei PKH mit Ratenzahlung, sofern u.U. höhere Raten oder eine Einmalzahlung aufgrund der veränderten Einkommens- und Vermögensverhältnisse gewährleistet ist.

Wurde der Partei PKH bewilligt und verschlechtern sich die Einkommensverhältnisse, so kann das Gericht auf Antrag von Ratenzahlungen absehen (§ 120 Abs. 4 ZPO)

3. Wesentliche Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach Beendigung des Prozesses/Verfahrens

 

Rz. 134

Das Gericht kann innerhalb einer Frist von vier Jahren nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens oder einer sonstigen Beendigung des Verfahrens innerhalb derselben Frist hinsichtlich der getroffenen Entscheidung über eine Zahlung eine Änderung herbeiführen, sodass entweder Raten oder eine Einmalzahlung der von der Landeshauptkasse vorgeleisteten Prozesskosten zu zahlen ist. Auf Verlangen des Gerichts ist von demjenigen, dem PKH bewilligt wurde, dem Gericht eine Erklärung über die persönlichen und wir...

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