Rz. 36

Bei Verbraucherverträgen finden § 305 lit. c Abs. 2 und die §§ 306 und 307308 BGB nach § 310 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur "einmaligen Verwendung" bestimmt sind und soweit der Verbraucher (§ 13 BGB)[104] aufgrund der Vorformulierung (oder einseitigen Vorgabe)[105] auf ihren Inhalt keinen Einfluss (i.S. einer tatsächlichen Einflussnahme)[106] nehmen konnte. Abweichend von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach Allgemeine Geschäftsbedingungen "für eine Vielzahl von Verträgen" vorformuliert sein müssen (um als Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert werden zu können), unterfallen nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB dem AGB-Begriff in Verbraucherverträgen damit auch Klauseln, die nur zu einer "einmaligen Verwendung" vorformuliert worden sind (sog. Einmalklauseln).

Da Arbeitsverträge "Verbraucherträge" i.S.v. § 310 Abs. 3 BGB sind (siehe Rdn 26 ff.), kann § 307 BGB auf eine vorformulierte entsprechende Befristungsabrede zur Anwendung gelangen.[107]

Auf § 305 lit. c Abs. 1 verweist § 310 Abs. 3 Nr. 2 nicht.[108]

 

Rz. 37

Auf Einmalklauseln in Verbraucherverträgen finden die §§ 305 lit. c Abs. 2, 306, 307–309 BGB und früher Art. 29 lit. a EGBGB (alt)[109] (vgl. jetzt Art. 46 lit. b EGBGB) Anwendung, weil der Verbraucher infolge der Vorformulierung auch hier keinen Einfluss auf den Inhalt der Vertragsbedingung nehmen konnte.[110] Auch wenn eine Entgeltregelung (Bezugnahmeklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung) auf einer eingeholten Genehmigung des zuständigen Ministeriums beruhen sollte, kann die Bezugnahmeklausel als Einmalbedingung i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine Allgemeine Geschäftsbedingung sein, die vom BAG als typische Erklärung selbst ausgelegt werden kann.[111]

 

Rz. 38

Mit dieser Regelung kommt der Gesetzgeber einer Vorgabe der Klausel-Richtlinie nach, die in ihrem Art. 2 lit. a und 3 Abs. 1 die Verpflichtung statuiert, den Schutz auch auf Vertragsbedingungen auszudehnen, die keine "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" sind.

 

Rz. 39

Problematisch ist, ob § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch Drittklauseln (zum Begriff siehe Rdn 33 f.) unterfallen, was von der h.M. unter Bezugnahme auf die Ausweitung der AGB-Vorschriften infolge Art. 3 Klausel-Richtlinie bejaht wird[112] mit der Folge, "dass selbst notarielle Einzel-Verbraucherverträge, die vom Notar nicht auf Veranlassung und im Auftrag eines der Vertragspartner, sondern eigenständig im Rahmen seiner Amtspflichten vorformuliert werden, der AGB-Kontrolle unterliegen sollen".[113]

 

Rz. 40

Zusammengefasst soll es also nach h.A. keine Rolle spielen, ob die Klausel auf Vorschlag des Unternehmers selbst (bzw. einem von diesem Beauftragten, bspw. seinem "Hausnotar" [Eigenklausel]) oder eines unbeteiligten (neutralen) Dritten (bspw. eines Notars – Drittklausel) in den Vertrag einbezogen worden ist.[114] Etwas anderes gilt nur dann, wenn die für einen Einzelfall vorformulierte Klausel auf Vorschlag des Verbrauchers (§ 13 BGB) in den Vertrag Eingang fand.[115]

 

Rz. 41

Dem widerspricht zu Recht Hennrichs[116] im Hinblick auf die zwischen der Nr. 1 und der Nr. 2 in § 310 Abs. 3 BGB erfolgten Differenzierung im Wortlaut ("gelten als vom Unternehmer gestellt"). Das Tatbestandsmerkmal "Stellen" soll gemeinschaftsrechtlich unzulässig sein[117] "und kommt im Text von Nr. 2 nicht vor".[118] Im Übrigen – "Einzel-Verträge in die AGB-Kontrolle einzubeziehen, ist nach der Konzeption des Bürgerlichen Vertrags- und des AGB-Rechts an sich systemfremd. Diese Ausweitung ist auf das durch die Richtlinie veranlasste Maß zu beschränken. Für ein allgemeines Übergreifen der AGB-Kontrolle auf notarielle Verträge besteht aber nach der Richtlinie keinerlei Anlass.“[119]"

 

Rz. 42

§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB setzt (in Anlehnung an Art. 3 der Klausel-Richtlinie) voraus, dass der Verbraucher (aufgrund der Vorformulierung) keinen Einfluss auf den Inhalt der Klausel nehmen konnte (d.h. der Verbraucher genießt keinen Schutz, wenn die für einen Einzelfall vorformulierte Klausel auf seinen Vorschlag hin Aufnahme in den Vertrag fand).[120] Ob er Einfluss nehmen konnte, beurteilt sich entsprechend § 310 Abs. 3 Nr. 1 a.E. BGB (womit bereits das Tatbestandsmerkmal "Vorformulierung" fehlt) sowie[121] nach Maßgabe der Voraussetzungen einer Individualabrede nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB.[122]

"Einflussnehmen" i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB entspricht somit "Aushandeln" i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB[123] (siehe hierzu § 3 Rdn 59 ff.). Auch das BAG geht davon aus, dass die Möglichkeit der Einflussnahme gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB inhaltlich einem Aushandeln entspricht und damit voraussetzt, dass der Verwender die Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Arbeitnehmer Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen eingeräumt hat.[124] Die Möglichkeit der Einflussnahme ist nicht bereits deshalb auszuschließen, weil der vorformulierte Text bestehen bleibt. Auch bei einem Belassen des vorformulierten Textes ist eine Einflussnahme möglich, wenn der Text zwischen den Vertrag...

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