Rz. 178

Entgegen einer verbreiteten Meinung in Rechtsprechung und Literatur[187] sind Änderungen des Sachverhalts, die sich erst nach dem Ergehen des angefochtenen Beschlusses erster Instanz ergeben haben, nach NdsOVG[188] in einem Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO regelmäßig nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn sie innerhalb der für die Begründung der Beschwerde maßgeblichen Frist dargelegt werden. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes oder der Prozessökonomie anzuerkennen. Sie kämen beispielsweise für Fallgestaltungen in Betracht, die denjenigen der § 80 Abs. 8 VwGO und § 264 Nr. 3 ZPO (i.V.m. § 173 S. 1 VwGO) vergleichbar sind.[189] Der Antragsteller ist deshalb darauf verwiesen, solche Umstände in einem Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO geltend zu machen (vgl. im Einzelnen § 57 Rdn 100 ff.).[190]

[187] Vgl. zum Meinungsstand: Kopp/Schenke, VwGO, § 146 Rn 42, und Guckelberger, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], 4. Aufl. 2014, § 146 Rn 81 ff.
[188] NdsOVG, Beschl. v. 11.12.2012 – 7 ME 131/12, zfs 2013, 117, 118 f.
[189] NdsOVG, Beschl. v. 11.12.2012 – 7 ME 131/12, zfs 2013, 117, 118 f.:“ Die grundsätzlich fehlende Berücksichtigungsfähigkeit derjenigen Umstände, die erst nach dem Ergehen der angefochtenen Entscheidung eingetreten sind, ergibt sich für das Beschwerdeverfahren des § 146 Abs. 4 VwGO zum einen aus der Spezialität des Verfahrens nach § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO, das eigens dafür vorgesehen ist, solchen Veränderungen Rechnung zu tragen. Sie resultiert zum anderen aus der begrenzten Funktion der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO. Diese Begrenzung kommt sowohl darin zum Ausdruck, dass es dem Beschwerdeführer obliegt, sich in seiner Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 S. 3 VwGO), als auch darin, dass das OVG nur die dargelegten Gründe zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO). Denn aus beidem folgt, dass es nicht die Aufgabe des Beschwerdegerichts ist, in einem Verfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO den Streitfall neu aufzubereiten und in vollem Umfang nachzuprüfen (vgl. Bader, VBlBW 2002, S. 474). Es hat in diesem Verfahren keine originäre Entscheidung zu treffen, sondern – jedenfalls in der Regel – nur retrospektiv die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Lichte des Beschwerdevorbringens zu überprüfen…“
[190] NdsOVG, Beschl. v. 11.12.2012 – 7 ME 131/12, zfs 2013 117 vgl. Kugele, VwGO, 1. Aufl. 2013, § 146 Rn 25; Bader, Die Neuregelung des Rechtsmittelrechts und sonstige Änderungen der VwGO durch das Rechtsmittelbereinigungsgesetz, VBlBW 2002, 474.

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