Rz. 127

Gem. § 33 ZPO kann ein Beklagter eine Widerklage bei dem Gericht der Klage erheben, wenn ihm ein Gegenanspruch zur Verfügung steht, der mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen diesen vorgebrachten Verteidigungsmitteln im Zusammenhang steht. Die Widerklage ist eine eigenständige Klage, die ein eigenständiges Prozessrechtsverhältnis begründet. Der Streit, ob § 33 ZPO nur einen weiteren besonderen Gerichtsstand eröffnet oder eine besondere Prozessvoraussetzung für die Zulässigkeit darstellt, kann in der Praxis dahinstehen, da Konnexität[99] im Regelfall vorliegen wird und fehlende Konnexität durch rügelose Einlassung geheilt wird. Zu den Vorteilen einer Widerklage gehört insbesondere der Umstand, dass ein zusätzlicher Gerichtsstand begründet und Beweis nur einmal erhoben wird (Zeit/Geld). Dies ist somit billiger als zwei getrennte Prozesse zu führen, vgl. § 45 Abs. 1 GKG. Darüber hinaus spielt eine Rolle, dass die Verspätungspräklusionen des § 296 ZPO im Falle der Widerklage nicht gelten, da die Widerklage der Angriff selbst ist, nicht das Angriffsmittel.[100] Zu beachten ist der gesetzliche Ausschluss der Widerklage im Urkundsprozess gem. §§ 595 Abs. 1, ZPO. Im Verfahren nach dem FamFG kann eine Widerklage gem. § 113 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 FamFG in entsprechender Anwendung des § 33 ZPO als Gegenantrag nur im Rahmen von Ehesachen nach § 126 Abs. 1 u. 2 FamFG in Betracht kommen, nicht jedoch in Abstammungssachen, da es sich hierbei nicht um Familienstreitsachen nach §§ 112, 113 FamFG handelt.[101] Die Widerklage kann auch hilfsweise, als sog. Hilfswiderklage, erhoben werden.[102]

[99] Innerlich zusammengehörendes einheitliches Lebensverhältnis.
[100] Vgl. BGH NJW 1981, 1217; BGH NJW 1986, 2257; BGH NJW 1995, 1224; Thomas/Putzo, § 146 Rn 2.
[101] Zöller/Schultzky, § 33 Rn 23.
[102] Vgl. BGHZ 136, 398.

a) Drittwiderklage

 

Rz. 128

Durch die Widerklage wird auch die Möglichkeit eröffnet, weitere Personen in den Rechtsstreit hineinzuziehen, sog. "Drittwiderklage".[103] Voraussetzung ist grds., dass sich die Widerklage auch gegen den Kläger richtet.[104] Der BGH wendet auf die parteierweiternde Widerklage in der 1. Instanz die Vorschriften für die Klageänderung entsprechend an.[105] Dies ist in der Praxis unproblematisch, da in der Regel bei Vorliegen der besonderen Voraussetzung des § 33 ZPO die Sachdienlichkeit zu bejahen sein wird.[106]

[103] Vgl. Thomas/Putzo, § 33 Rn 10 m.w.N.
[104] Vgl. BGH NJW 1993, 2120.
[105] Vgl. BGHZ 65, 264.
[106] Vgl. BGH NJW 1996, 196.

b) Zuständigkeit

 

Rz. 129

Gem. § 5 Hs. 2 ZPO werden die Einzelwerte von Klage- und Widerklage für die Ermittlung des Zuständigkeitswertes nicht addiert, so dass die Zuständigkeit des Amtsgerichts auch bestehen bleibt, wenn wechselseitige Ansprüche geltend gemacht werden, die in ihrer Gesamtheit mehr als 5.000 EUR ausmachen, für die einzelnen Klagen jedoch unter der Streitwertgrenze des § 23 Nr. 1 GVG bleiben. Wird in einem Prozess vor dem Amtsgericht eine Widerklage erhoben, deren Streitwert den Wert von 5.000 EUR übersteigt, ist für diese das Landgericht zuständig. Gem. § 506 ZPO ist hiernach der gesamte Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.

Im Berufungsverfahren ist die Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht diese für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin gem. § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, § 533 ZPO.

c) Kosten und Gebühren

 

Rz. 130

Für die Widerklage braucht kein Gerichtskostenvorschuss geleistet zu werden, vgl. § 12 Abs. 2 GKG. Die (Gebühren-)Streitwerte für Klage und Widerklage werden addiert, wenn es sich um – im wirtschaftlichen Sinn – verschiedene Streitgegenstände handelt, vgl. § 45 Abs. 1 S. 1 GKG. Eine Addition unterbleibt bei wirtschaftlich gleichem Streitgegenstand, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG. In diesem Fall ist der jeweils höhere Einzelwert maßgebend.

Eine hilfsweise geltend gemachte Widerklage wirkt sich gebührenrechtlich erst aus, wenn über sie eine Entscheidung ergeht, § 45 Abs. 1 S. 2 GKG.

Soweit sich bei einer Drittwiderklage der Dritte durch den Rechtsanwalt des Klägers mitvertreten lässt – was oft der Fall ist –, entsteht nur eine Erhöhung der Prozessgebühr gem. Nr. 1008 RV-VV.

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